Traditionell und dennoch zeitgenössisch - Óscar Velasco im Gespräch Derk Hoberg
Interview mit dem Küchenchef des Santceloni

Traditionell und dennoch zeitgenössisch - Óscar Velasco im Gespräch

Óscar Velasco feiert nächstes Jahr Jubiläum. Dann kocht der spanische Spitzenkoch 20 Jahre im „Santceloni“. Mitten in der spanischen Hauptstadt Madrid gelegen, gehört es zu den besten Restaurants auf der iberischen Halbinsel. Kein Wunder, ging der Weg von Velasco, der ursprünglich gar nicht in die Gastronomie wollte, dank Talent und namhafter Lehrmeister steil nach oben.

Küchenchef Óscar Velasco verwöhnt seine Gäste in seinem Zwei-Sterne-Restaurant „Santceloni“ in Madrid mit saisonalen Gerichten und spanischen Spitzenprodukten. Die Basis für seine ausgefeilte Küche bilden Fische und Krustentiere von der Costa Brava, außergewöhnliches Gemüse, wie etwa Maresme-Erbsen oder köstliche Morella-Trüffel, sowie Klassiker wie Croustillant vom Spanferkel aus Segovia. Ein weiterer Höhepunkt ist das Käsebrett im Santceloni. „Käse ist eine unserer Leidenschaften, definitiv. Wir haben insgesamt 300 verschiedene Käsesorten zur Auswahl, da wechseln wir das Angebot auf dem Käsetisch immer mal wieder durch“, sagt Óscar Velasco, der in der Leitung des Restaurants von Maître de Maison Abel Valverde und Sommelier David Robledo unterstützt wird.

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Das Interview mit Óscar Velasco

Was Óscar Velasco über die spanische Küche sagt und wie er die Verbindung zwischen traditionellen Gerichten und modernen Kochtechniken angeht, lesen Sie hier:

worlds of food: Óscar, wie würden Sie die spanische Küche an sich charakterisieren?

Óscar Velasco: Nun, Spanien besteht natürlich aus verschiedenen Regionen mit ganz unterschiedlichen Küchen. Diese Vielfalt ist ein wichtiges Charakteristikum. Zudem glaube ich, dass wir spanischen Köche es alle mögen, auch mit unseren Gerichten zu zeigen, wo wir herkommen. Das macht die spanische Küche aus und das kommt auch bei den vielen innovativen Ideen, die die spanische Küche in den letzten Jahren präsentiert, zum Ausdruck. Was uns alle aber eint ist die Liebe zum guten Produkt. Egal ob Schinken, Meeresfrüchte oder Käse – es muss immer beste Qualität sein.

worlds of food: Wie schwierig ist es denn, heutzutage überhaupt noch innovativ zu sein?

Óscar Velasco: Sagen wir so, es wird zumindest schwieriger. Zumal wir alle auch ständig in unser Handy schauen und sehen, was es schon alles gibt. Wir lassen uns hier immer aufs Neue von den Jahreszeiten inspirieren, das klappt sehr gut, finde ich. Es geht einfach darum, unsere Persönlichkeit einzubringen, und ein Spitzenprodukt bestmöglich zu verarbeiten. Wenn man als Koch sich selbst treu bleibt, das zeigt die Erfahrung, fährt man immer noch am besten.

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worlds of food: Empfinden Sie denn Ihre Art zu kochen oder die gehobene Küche noch als Handwerk, oder bereits als Kunstform?

Óscar Velasco: Einerseits haben Spitzenköche ein gewisses künstlerisches Talent und künstlerische Ideen – das müssen sie auch mitbringen. Andererseits ist unsere Arbeit aber auch sehr von gelernten Kochtechniken und von vielen kleinen Handgriffen geprägt. Ich sehe mich persönlich aber nicht als Künstler, aber eben definitiv als Person mit einem Talent, das durchaus künstlerische Züge hat.

worlds of food: Dabei wollten Sie ursprünglich gar nicht Koch werden…

Óscar Velasco: Nein, ich wusste überhaupt nicht, was ich werden sollte, bis ich 16 war. Irgendwann habe ich begonnen, an den Wochenenden in einem Restaurant in meiner Heimat Segovia zu arbeiten. In meiner Familie hat auch niemand einen gastronomischen Hintergrund, ich kannte das also gar nicht. Aber es hat mir gefallen, auch wenn ich zunächst nur Tellerwäscher war. Als ich dann aber ein technisches Studium in Madrid begonnen habe, war mir schnell klar, dass es das nicht ist, was ich mein Leben lang machen wollte. Also besuchte ich eine Hotelfachschule, lernte dort die Grundlagen der Küche kennen.

worlds of food: Eine gute Entscheidung, vor allem für Ihre Gäste heutzutage…

Óscar Velasco: Ja, ich hatte wie gesagt ein gewisses Talent und sicher auch das Glück, danach dann unter tollen Lehrmeistern wie Martín Berasategui und Santi Santamaría zu arbeiten. Das bringt einen natürlich enorm weiter.

Derk Hoberg Oscar Velasco
Derk Hoberg (li.) traf Óscar Velasco im Santceloni

worlds of food: Seit 2001 kochen Sie nun im Santceloni. Der Name ist eine Reminiszenz an den Ort, an dem Sie unter dem angesprochenen Santi Santamaría im Restaurant „Can Fabes“ in der Nähe Barcelonas gearbeitet haben. Wie wichtig war Ihnen ein Lehrmeister wie Santamaría?

Óscar Velasco: Santi war ein bodenständiger Typ, einer, der den Wert des Produkts komplett in den Mittelpunkt gestellt hat und nicht so sehr auf irgendwelche neuen Kochtechniken oder großes Spektakel erpicht war. Ein wahrer Meister seines Fachs und mein Mentor, ich möchte ihn sogar meinen kulinarischen Vater nennen. Er hat mir viele Türen geöffnet, unter anderem natürlich, hier zu arbeiten. Deshalb teile ich die Zeit hier im Santceloni gerne in zwei Etappen ein. Die erste reicht bis 2011, bis zu Santis Tod. Danach habe ich noch mehr Verantwortung übernommen, übernehmen müssen.

worlds of food: Nun ändern Sie das Menü im Santceloni viermal im Jahr – das klingt nach enorm viel Kreativität…

Óscar Velasco: Ja, wir spielen gerne mit Aromen, saisonalen Produkten. Dazu interpretieren wir bestehende Gerichte je nach Saison neu. Aber natürlich bleiben Klassiker auch mal länger auf der Karte. Grundsätzlich wollen wir die Produkte aber dann servieren, wenn sie am besten sind.

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worlds of food: Zwei Michelin Sterne haben Sie schon – und das nun bereits seit 2003. Ist es Ihr formuliertes Ziel, eines Tages drei Sterne zu erhalten?

Óscar Velasco: Ja, das geb ich gerne zu, das würde mir und dem Team natürlich sehr gefallen. Aber ich bin da nicht besessen von dieser Idee. Wir, das gesamte Team hier im Restaurant, versuchen einfach, jeden Tag unser Bestes zu geben. Ich denke sogar, wenn man solch ein Ziel zu verbissen angeht, würde man den Spaß an der täglichen Arbeit in der Küche verlieren – und da herrscht doch ohnehin schon genug Druck, wenn man die Gäste immer happy machen will.

Hier: Alle weiteren Informationen zu Óscar Velasco und dem Restaurant Santceloni