Vorsicht mit Belohnungen nach dem Sport! istockphoto.com/sjlocke

Vorsicht mit Belohnungen nach dem Sport!

Wer kennt sie nicht? Die Gedanken, sich nach dem Sport doch mit etwas belohnen zu können. Schließlich hat man gerade etwas für den Körper getan. Dabei sollte man darauf achten, dass man nicht mehr Kalorien zu sich nimmt, als man beim Sport verbraucht hat.

Wenn wir länger keinen Sport getrieben haben, bekommen die meisten ein schlechtes Gewissen. Daher greift man auch weniger zu Schokolade oder anderen Süßigkeiten, wenn man weniger trainiert hat. Schließlich ist klar, dass man zunimmt, wenn man ohne Sport bedenkenlos weiter isst.

Dieses Gefühl lässt sich auch umkehren. Treiben wir Sport und absolvieren wir ein hartes Training, denkt man rasch, dass man sich auch eine Belohnung verdient hat. Man spart sich sozusagen ein Guthaben auf. Dies gilt nicht nur für Sport, sondern beispielsweise auch wenn man einem Mitmenschen geholfen hat oder wenn man sich eine zeitlang gesund ernährt hat.

Dieses Phänomen wird von Psychologen „Licensing Effect“ genannt. Man bekommt also eine Lizenz, sich etwas von dem Guthaben auszubezahlen und sich ungestraft etwas zu gönnen. Bei den meisten geschieht das in Form von Süßigkeiten oder anderen, ungesunden Lebensmitteln wie Bier, Pommes oder Döner Kebap.

Gerade Sportler neigen dazu, nach einem harten Training mehr zu essen als sie eigentlich brauchen. Forscher aus Taiwan berichten, dass aber auch schon so kleine Dinge wie Vitaminpillen dazu führen können, dass wir gefühlt so viel auf unser mentales Gesundheitskonto einbezahlt haben, dass wir uns anschließend übertrieben ausbezahlen. Darunter leidet aber schnell die Gesundheit.

Um dies zu beweisen, haben die taiwanesischen Forscher eine Studie mit zwei Szenarien durchgeführt. Im ersten Teil bekamen 82 Probanden eine Pille, die keine Wirkstoffe enthielt. Allerdings erzählten sie der einen Hälfte der Testpersonen, dass es sich bei der Tablette um ein Multivitaminpräparat handelt. Die andere Hälfte wusste, dass die Pille keine Wirkung hatte. Anschließend füllten die Testpersonen einen Fragebogen aus, in dem Sie Angaben über ihre sportlichen und gesundheitsfördernden Aktivitäten und über mögliche schädliche Dinge wie Alkoholkonsum, intensives Sonnenbaden oder Sex mit wechselnden Partnern machen mussten. In einem zweiten Fragebogen mussten die Teilnehmer angeben, ob Sätze wie „Mir kann nichts etwas anhaben“ oder „Ich bin eine gebrechliche Person“ auf sie zutreffen. Zum Abschluss bekamen sie einen Essensgutschein für die Cafeteria, wo entweder gesunde Nahrungsmittel aus biologischem Anbau oder ein reichhaltiges Buffet mit eher ungesunden Lebensmitteln serviert wurde.

Gesund wird ungesund

Bei der Auswertung der ersten Versuchsreihe wurde schnell klar, dass die Probanden, die das angebliche Vitaminpräparat eingenommen hatten, häufiger zu dem ungesunden Buffet griffen: Rund 44 Prozent der Placebo-Gruppe wählte das ungesunde Buffet. In der angeblichen Vitamin-Gruppe waren es jedoch 71 Prozent. Schließlich hatten sie nach eigener Annahme mit den Vitaminen ja schon etwas für ihre Gesundheit getan. Zudem war ihre Motivation kleiner, Sport zu treiben. Dafür waren sie eher bereit, etwas Schönes aber Ungesundes zu tun. Gleichzeitig fühlte sich die Versuchsgruppe stärker, gesünder und weniger verwundbar.

Die Bestätigung für den ersten Versuch holten sich die Forscher bei einem zweiten Test. Dort wurde die gleiche Versuchsreihe aufgebaut. Allerdings bekamen die Probanden einen Schrittzähler und sollten nach der Einnahe der Pille eine Stunde spazieren gehen. Hier zeigte sich, dass die Versuchsgruppe deutlich weniger Schritte machte als die Placebo-Gruppe.

Entsprechend fällt auch das Fazit der Forscher aus: Wer glaubt, seinem Körper etwas Gutes zu tun, rechtfertigt anschließend sein Verlangen, etwas Ungesundes zu tun. Insofern ist es auch kein Wunder, wenn viele Sportler Probleme mit ihrem Gewicht haben und einfach nicht abnehmen wollen. Schließlich kann man dem Körper kaum etwas so Gutes tun, wie Sport zu treiben. Doch wenn man es mit der Belohnung übertreibt, verpufft der Trainingseffekt.

Wen-Bin Chiou (National Sun Yat-Sen University, Kaohsiung) et al.: Psychological Science, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1177/0956797611416253

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