Kulinarische Vorbereitung auf die EM: Holger Stromberg im Interview Derk Hoberg
Die Gerichte der Nationalelf

Kulinarische Vorbereitung auf die EM: Holger Stromberg im Interview

Als Koch der deutschen Fußball-Nationalmannschaft steckt Holger Stromberg zurzeit in den Menü-Vorbereitungen für die Europameisterschaft. Im Interview haben wir ihn gefragt, was bei der EM auf den Tisch kommt, welche Gerichte die Nationalspieler besonders lieben und welche Rolle glutenfreie Produkte spielen.

worlds of food: Herr Stromberg, die Europameisterschaft 2016 steht vor der Tür. Wie weit sind Sie mit Ihren Vorbereitungen?
Holger Stromberg: Im Kopf ist soweit alles vorbereitet. Die Menüpläne stehen noch nicht, aber damit werde ich zwei Wochen vor EM-Start fertig sein.

worlds of food: Sie selbst haben eine glutenfreie Küche schätzen gelernt. Lernt man als Koch eigentlich, wie man mit glutenfreien Produkten arbeitet?
Holger Stromberg: Zumindest nicht ausreichend in meinen Augen. Ich bin im Jahr zwischen 150- und 200 Mal in fremden Küchen und wenn man da sagt, man braucht ein glutenfreies Produkt, merkt man an den Reaktionen, dass nur wenig Wissen über das Thema vorhanden ist.

worlds of food: Kochen Sie für die Spieler bei der EM auch glutenfrei?
Holger Stromberg: Bei Bedarf ja. Ich gehe grundsätzlich auf alle Bedürfnisse des Teams ein. Ob das nun eine Laktoseintoleranz ist oder wenn jemand gerade eine Ernährungsumstellung macht. Die Spieler kommen dann zu mir und wir regeln das.

Bild: Franziska Tietjenworlds of food: Das klingt nach einem großen Aufwand, wenn jeder Sonderwünsche mitbringt.
Holger Stromberg: Deswegen gibt es ein Buffet. Die Spieler wissen inzwischen selbst, was sie essen können und was gegebenenfalls nicht.

worlds of food: Wenn jemand keine Gluten-Unverträglichkeit hat, dann profitiert er als Sportler aber nicht von einer glutenfreien Ernährung, richtig?
Holger Stromberg: Nein, jemand der keine Zöliakie hat, braucht diese Lebensmittel nicht, sie schaden allerdings auch keinem. Wem glutenfreie Produkte schmecken, kann sie auch essen.

worlds of food: Ein kleiner Exkurs fernab der Nationalmannschaft. Viele stellen sich die Selbstdiagnose Gluten-Unverträglichkeit, leiden aber gar nicht an einer Zöliakie. Wie erklären Sie sich das?
Holger Stromberg: Ich sehe da ein Problem in unserem Bildungssystem. Wir haben kein durchgängiges Ernährungslehrfach in Deutschland und entlassen die Jugendlichen als unmündige Bürger in den Lebensmittelverkehr. Dann schiebt man Symptome wie Magenschmerzen schnell mal auf eine Gluten-Unverträglichkeit, weil man ja schon mal davon gehört hat. Darum sollte man sich bei Verdacht auf Zöliakie nie selbst die Diagnose stellen, sondern einen Facharzt aufsuchen.

worlds of food: Zurück zur Nationalelf. Gibt es ein Gericht, das für die Spieler immer dabei sein muss?
Holger Stromberg: Da gibt es einige. Milchreis, Grießbrei, Crêpes oder eine Tomatensuppe Spezial (wir haben das Rezept), um mal ein paar zu nennen.

worlds of food: Und andersrum gefragt: Was kommt bei der Nationalmannschaft nicht auf den Teller?
Holger Stromberg: Grundsätzlich muss Qualität auf den Tisch – die Produkte sollten so naturbelassen wie möglich sein, die Gerichte abwechslungsreich. Was nicht auf den Tisch kommt, sind schwer verdauliche Dinge wie zum Beispiel Schmor-Gerichte.

worlds of food: Was wäre ein klassisches Gericht, das an einem Spieltag der Mannschaft serviert wird?
Holger Stromberg: Dreieinhalb Stunden vor dem Spiel gibt es immer eine kohlenhydratreiche Mahlzeit. In der Regel ein Pastagericht mit Tomatensauce oder auch Rührteig-Kuchen – aus wertvollen Zutaten gebacken. Man muss dazu sagen: Wenn man sich als Otto-Normalverbraucher so ernähren würde wie ein Nationalspieler, würde man definitiv zunehmen.

worlds of food: Abschließend interessiert uns natürlich noch brennend Ihre Einschätzung: Können wir Europameister 2016 werden?
Holger Stromberg: Wenn ich daran nicht glauben würde, wäre ich nicht Koch der deutschen Nationalmannschaft. Deswegen werde auch ich bei der EM mein Bestes geben, um die Mannschaft zu unterstützen – am Essen soll es nicht scheitern.

worlds of food: Vielen Dank für das Interview, Herr Stromberg.