Interview mit Christian Bau – Von Geschmackswelten und dem Offizierscasino worldsoffood.de

Interview mit Christian Bau – Von Geschmackswelten und dem Offizierscasino

Drei-Sterne-Koch Christian Bau ist einer, der die Herausforderung sucht. Schon seit 2005 hält er äußerst innovativ die höchsten Weihen, die der Guide Michelin für seine Zunft bereithält. Dabei ändert er immer wieder einmal seinen Kurs – ohne Qualitätsverlust. Im Interview werfen wir einen Blick auf seine vielseitige Kochkarriere.

worlds of food: Vom Offizierscasino zum Drei-Sterne-Koch. Was hat Ihnen die Zeit bei der Bundeswehr für Ihre Kochkarriere gebracht?
Christian Bau: Sehr viel, da mein direkter Vorgesetzter mich einfach hat machen lassen. Ich hatte nie ein Gewehr in der Hand, durfte einfach kochen und ausprobieren. Nach drei Tagen beim Bund stand damals der Abschied eines Generals an und der Hauptmann fragte morgens in die Runde, wer einen ausgefallenen Koch im Offizierscasino ersetzen wolle. Ich meldete mich, da ich ja bereits ausgebildeter Koch war, und ab dem Tag musste ich keinerlei Dienst wie üblich mehr machen. Mein Kommandeur war dem guten Essen sehr zugeneigt und, was fast noch wichtiger war, seine Gattin ebenfalls. Sie fragte mich, ob sie mir in der Küche über die Schulter blicken dürfe. Ich habe ihr dann beigebracht, wie man gutes Vanilleeis, Pizza- und Nudelteig selbst macht. Dadurch hatte ich ein sehr schönes Leben zu meiner Zeit beim Bund.

worlds of food: Ich dachte, Sie konnten eher den Drill mitnehmen, den man ja manchmal auch in der Spitzengastronomie benötigt…
Christian Bau: Überhaupt nicht (lacht).

worlds of food: Ihr größter Lehrmeister nach Ihrer Zeit beim Bund war sicherlich Harald Wohlfahrt. Was waren seine wertvollsten Tipps?
Christian Bau: Harald Wohlfahrt gehört heute zu meinen engsten Freunden. Damals war ich in seinem Team, als er 1992 in der Schwarzwaldstube den dritten Stern erhielt. Er sagte mir: Drei Sterne zu erkochen sei das Eine, aber man müsse auch dankbar für wirklich alles sein, was zu diesem Erfolg beigetragen hat.

bau kcheworlds of food: Heute bezeichnen Sie Ihre Küche als weltoffen und zeitgemäß. Was muss man sich darunter vorstellen?
Christian Bau: Meine Maxime ist, dass ich die besten Produkte der Welt haben möchte. Ich fröne deshalb nur bedingt der regionalen Küche, denn in einer globalisierten Welt lässt sich so viel mehr realisieren. Dass ich dennoch regionale Produkte verwende, ist aber auch selbstverständlich. Schließlich haben wir auch in Europa Produkte der Spitzenklasse. Unter zeitgemäß verstehe ich wiederum den Aspekt, dass man sich nach einem Essen bei uns wohlfühlen soll. Die Gerichte sollen leicht sein, weshalb Butter und Sahne bei uns nur eine untergeordnete Rolle spielen. Vor zehn Jahren hätten wir zu den meisten Fischgerichten noch eine Buttersoße gemacht und die Leute damit „erschlagen“. Heute kombinieren wir den Fisch mit Zitrusfrüchten und anderen Geschmackswelten, wie kandierter Kombu, einer Algensorte. Dazu gibt es einen Schaum, der aus Meereswasser, aus Austernwasser und verschiedenen Algensorten gemacht ist. Das ist hocharomatisch, in Verbindung mit der Zitrusnote, aber auch sehr leicht. Dadurch können unsere Gäste auch mehr probieren – und das ist, was man heute will.

worlds of food: Ihre drei Michelin-Sterne verteidigen Sie nun seit 2005. Ein Ziel auf das Sie zunächst hingearbeitet haben. Wie schwer fällt die Motivation, wenn ein solches Ziel erreicht ist?
Christian Bau: Ich habe das große Glück, nicht nur mit einem phänomenalen Team zusammenzuarbeiten, sondern auch mit meiner Frau. Meine Frau ist mein Pendant nach draußen, zu den Gästen hin. Sie ist die Gastgeberin in unserem Restaurant, wir haben dieselbe Passion und uns macht unsere Arbeit einfach Spaß. Man kann die drei Sterne vielleicht auch mit der Champions League vergleichen. Spielt man in der Champions League, ist das Stadion immer voll, man hat zusätzliche Einnahmequellen, von denen man tolle Spieler kaufen kann. Die Erwartungshaltung ist groß, aber man bekommt dadurch eine ganz andere Wirtschaftlichkeit. In unserem Fall kommen andere Gäste, die mehr Geld ins Haus bringen, man bekommt Köche, die auf ähnlichem Niveau ausgebildet wurden, der eigene Anspruch steigt. All das macht enorm Spaß und motiviert mich und meine Mitarbeiter Tag für Tag.

worlds of food: Umso mutiger ist es, dass Sie sich vor einigen Jahren gewissermaßen neu erfunden haben, die asiatische Küche seither großen Einfluss auf Ihren Kochstil hat. Wie groß ist das Risiko, von dem abzuweichen, was jahrelang gut lief?
Christian Bau: Ich empfinde das als normale Weiterentwicklung. Als ich auf dem aufsteigenden Ast war, wussten wir Köche ja gar nicht richtig, wie wir mit dem Mysterium Michelin umgehen sollten. Wir dachten damals, wir müssten klassisch französisch kochen, um zu den höchsten Weihen zu gelangen. Das habe ich bis 2005 gemacht. Dann hatte ich den dritten Stern erreicht. Im Zuge der Globalisierung hat sich aber auch der Guide Michelin überallhin geöffnet. Zunächst nach Nordamerika, dann nach Asien, usw. Dadurch haben wir gemerkt, dass man nicht nur klassisch kochen muss. Das war eine ganz neue Herausforderung und ich persönlich schätze die asiatische Küche mehr als die französische.

worlds of food: Warum genau?
Christian Bau: Wegen der Aromen. Dazu ist die asiatische Küche bekömmlicher, frischer, vieles wird ja roh zubereitet. Das gefällt mir.

bau hashemiworlds of food: Ihre nächste Entwicklungsstufe war die „Carte Blanche“, die Sie in Ihrem Restaurant anbieten. Was muss man sich darunter vorstellen?
Christian Bau: Eine blanke Karte, ohne fertige Menüs. Die wichtigste Rolle spielt dabei meine Frau, die die Wünsche unserer Gäste entgegen nimmt. Sie kennt die Denkweise des Kochs und kitzelt draußen am Tisch sehr genau heraus, was die Präferenzen der Gäste sind. Der Gast sagt, was er mag und was nicht. Auf dieser Basis bereiten wir für jeden Gast seine eigenen Gerichte in der Küche zu. So entsteht ein Erlebnisfaktor für den Gast, der dadurch ein sehr individuelles Menü erfahren darf.

worlds of food: Um den Kreis zum Offizierscasino nun zu schließen, hätten Sie sich damals gedacht, je so erfolgreich zu sein, so individuelle Menüs zu kreieren?
Christian Bau: Nein, natürlich nicht. Es gibt weltweit 106 Köche, die drei Michelin-Sterne haben, da gehört Demut dazu. Ich möchte behaupten, dass ich in meiner Karriere öfter einmal zum richtigen Tag am richtigen Fleck war. Es gehört eben auch ein wenig Glück zu solch einer Karriere. Talent, Können, Leidenschaft sind das eine. Aber man muss auch entdeckt werden, oder die richtigen Leute kennenlernen. Meinen heutigen Chef habe ich zum Beispiel auch rein zufällig getroffen. Er, als mein Arbeitgeber von Schloss Berg, ermöglicht mir und meiner Frau, uns selbst zu verwirklichen. Er stellte uns sämtliche Möglichkeiten zur Verfügung: Räumlichkeiten, finanzielle Mittel für den Aufbau des Weinkellers und des Teams, dazu eine gute Infrastruktur. So konnten wir uns voll auf das konzentrieren, was unser Metier ist und dafür bin ich sehr dankbar. Dadurch kann ich heute, gut 20 Jahre nachdem mir Harald Wohlfahrt diese Demut mit auf den Weg gegeben hat, seine Worte umso besser verstehen und sie an meine Mitarbeiter weitergeben.

worlds of food: Vielen Dank, Herr Bau.

Christian Bau beim Rheingau Gourmet Festival

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