Die Arepa-Revolution
Ganz so typisch sind die Arepas der beiden dann aber doch nicht. Handelt es sich dabei doch normalerweise um eher trockene Maismehlfladen, die in Kolumbien als Beilage zu fast allen Mahlzeiten gegessen werden. Lewis und Sierra stellen ihre Arepas aber ausschließlich aus gesunden, biologisch produzierten Zutaten wie Vollkornmehl und Quinoa her. Zum anderen hatte Viviana Lewis die gewinnbringende Idee, die Arepas mit leckeren Zutaten wie Rucola, Pilzen, Käse, Rindfleisch oder Garnelen zu belegen und sie mit leckeren Soßen wie Chipotle Mayonnaise und Chimmichurri zu garnieren. So wurden die runden Teiglinge in der Welt-Hauptstadt des Street Food zum vollwertigen Hauptgericht, über das bereits mehrere US-TV-Sender und zahlreiche weitere Medien berichteten.Die Revolution der Arepas nahm in New York ihren Lauf: „Ich habe zu Hause angefangen zu kochen und die Leute kamen, um bei mir zu essen. Dann habe ich mein Essen mit dem Fahrrad ausgeliefert und ab 2008 hatte ich ein kleines Catering-Unternehmen. Ich habe immer von einem kleinen Restaurant geträumt, um den New Yorkern meine Art der kolumbianischen Küche schmackhaft zu machen“, sagt Viviana Lewis, die seit 10 Jahren in den USA lebt. Ein Teil ihrer Familie wohnte damals bereits in Florida, was ihr ebenfalls das Recht gab, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Genau das war ihr Ziel, in den Vereinigten Staaten bleiben wollte sie anfangs jedoch nicht. Ihre Freundin und heutige Geschäftspartnerin Nena Sierra war schon 1999 nach New York gekommen. Zunächst nur, um ein Filmstudium an der NYU im Herzen Manhattans zu absolvieren. Nach drei Jahren Uni blieb sie einfach dort. Kennengelernt hatten sich beide während eines früheren Studiums in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. In New York kreuzten sich die Wege der beiden abermals und schnell war die gemeinsame Idee geboren, anstelle eines mit hohen Kosten verbundenen Restaurants einen kleinen Laster zur rollenden Kantine umzubauen – zu einem der beliebten New Yorker Food Trucks.
Mit ein wenig finanzieller Unterstützung ihrer Familien, damit sie sich einen Laster kaufen konnten, gingen sie das Risiko ein und gründeten 2011 das Unternehmen „Palenque home made Colombian Food inc“. Dabei hieß es immer wieder, sich gegen viel Konkurrenz durchzusetzen, erklärt Nena Sierra: „Man musste morgens um drei einen Stellplatz zwischen den Bürotürmen in Midtown gefunden haben und dann standen dort bereits unzählige andere Food Trucks. Das war ein täglicher Kampf um den Platz, der mit zusätzlichen Widrigkeiten wie Wind und Wetter und den hohen Parkgebühren verbunden war.“
Insgesamt aber schätzten die beiden Freundinnen ihre Chancen in New York besser als in Kolumbien ein, ein solches Geschäft zu eröffnen: „Wenn man in New York arbeiten will, dann findet man Arbeit und wenn man hier etwas aufbauen will, geht das leichter als in Kolumbien. Aber auch der Amerikanische Traum ist nicht mehr das, was er mal war, schließlich kommen so viele Menschen genau deswegen hierher“, sagt Nena Sierra. Doch der Plan der beiden ging auf. Sie fanden weitere Verkaufswege, expandierten, wurden quasi sesshaft und trennten sich schließlich wieder von ihrem kraftraubenden Lastwagengeschäft.
Arepas made in Brooklyn
„Inzwischen sind wir mit unseren Ständen an verschiedenen Orten in New York vertreten. Ganzjährig hier im Gansevoort Market und im Oktober und November beim Broadway Bites, einem großen Pop-Up-Food Markt in der 33. Straße, Ecke Broadway.“ Darüber hinaus verkaufen sie die appetitlichen Arepas seit diesem Sommer am Strand von Rockaway, den bereits die Punk-Band Ramones in einem ihrer Songs huldigten. „Das Geschäft dort läuft spitze, wir verkaufen mehrere hundert Arepas an einem Wochenend-Tag am Strand“, fügt Nena Sierra noch hinzu. Genau wie samstags und sonntags in Brooklyn, wo sie ihre Arepas beim bekannten Smorgasburg Food Market an die New Yorker und die zahlreichen Touristen bringen.Dort, unweit der Manhattan Bridge, stellen die beiden ihre besonderen Arepas derzeit noch zu Hause und in Handarbeit her, bevor sie an den einzelnen Standorten mit den guten Zutaten veredelt und serviert werden. Mehrfach betonen beide, wie wichtig ihnen dabei die Qualität ihrer Produkte ist: "Wir verwenden ausschließlich frische, gesunde Zutaten mit Bio-Qualität und bieten auch glutenfreie und vegetarische Arepas an. Wenn man dann noch weiß, wie man die Produkte bestmöglich verarbeitet, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Auf Qualität legen auch unsere Kunden wert. Das ist der allgemeine Trend und unsere Philosophie", so Viviana Lewis.
Trotz allen Erfolges in New York vermissen beide auch ihre Heimat: „Unsere Familien, Freunde, generell die Menschen, die Landschaften, das Essen, die Früchte, die Strände – fast alles fehlt uns. Aber hier in New York geht es inzwischen so relaxt zu, hier besteht fast keine Gefahr mehr. Man kann sich frei bewegen und muss keine Angst haben. Das ist in Kolumbien leider noch nicht überall so, aber es wird auch dort stetig besser.“ Und so verbringen beide noch immer so viel Zeit wie möglich in Kolumbien. Mindestens einmal im Jahr reisen sie in die Heimat. Vor allem im Winter, wenn hier in New York eine Kälte herrscht, an die sich die beiden Kolumbianerinnen – besonders Viviana, die ursprünglich aus dem heißen Barranquilla an der Atlantikküste stammt – bisher nicht gewöhnen können.
Ihr New Yorker "Baby" möchten sie dennoch nicht aufgeben, denn der persönliche Amerikanische Traum der beiden ist noch nicht zu Ende geträumt: „Wir planen gerade, mit unseren Arepas in die industrielle Produktion einzusteigen. Es wäre schön, wenn unsere gesunden Produkte irgendwann im Supermarkt zu finden sind, oder bei Lieferbetrieben bestellt werden könnten.“ Und so ist es vielleicht nur noch eine Frage der Zeit, bis die Arepa-Revolution sogar in ihrer Heimat Kolumbien ankommt. Einige Fans scheinen sie dort immerhin schon zu haben: „Unsere Freunde wünschen sich als Mitbringsel immer einige Arepas von uns“, freuen sich die beiden zum Abschluss unseres Gesprächs im Gansevoort Market.
In ein Street Food-Kochbuch hat es Vivianas Arepa-Rezept übrigens schon geschafft. Hier finden Sie das Rezept.