Er möge trinken oder weggehen
Er nimmt uns direkt mit in die Verkostungsstube seines kleinen Weingutes, hier in den nördlichen Abruzzen, genauer gesagt in Sant´Omero. Über dem Eingang prangt ein Schild mit seinem Namen, direkt neben der Tür hängt ein weiteres, das schnell klar macht, um was es hier geht: „Er möge trinken oder weggehen“ ist dort auf lateinisch zu lesen. Genauso schelmisch grinst Luigi und so macht er uns drinnen auch gleich einen seiner Weine auf und beginnt zu schwärmen, was einen guten Wein seiner Meinung nach ausmacht. Halb englisch, halb italienisch, manchmal sprechen wir spanisch. Luigi war viel unterwegs, lebte ein Weilchen als Botaniker in Chile und in Südafrika und lernte dort auch die besten lokalen Winzer kennen.Er selbst ist nun seit 17 Jahren Winzer. 17 Jahre die ihn sehr glücklich gemacht haben, viel mehr als der Fußball das je konnte. „An meine aktive Zeit bei Ascoli Calcio denke ich heute nur noch sehr selten zurück. Vieles von damals habe ich vergessen.“ Dabei spielte er insgesamt vier Jahre in der italienischen Eliteliga, der Serie A, war der Regisseur seines Teams, trug die Nummer 10 des Spielgestalters auf dem Rücken. Nun zieht er im Weinberg die Fäden. Auf die Nachfrage, ob denn das Gerücht stimme, dass in Italien auch vor den Ligaspielen Wein getrunken wird, bekommt er sofort wieder sein typisches Funkeln in die Augen: „Natürlich, immer. Das machen fast alle italienischen Mannschaften, der Wein gibt einem ja auch Energie. Und ein wenig dankbar bin ich meinem früheren Leben ja auch, immerhin hat mir der Fußball ermöglicht, immer guten Wein kaufen zu können“, lacht Luigi.
Theologie und Philosophie
Seine Karriere als Winzer begann er jedoch nicht unmittelbar nach der sportlichen. „Meine Eltern hatten immer gesagt, wenn ich Fußballprofi werden will, müsste ich auch noch etwas Anständiges lernen.“ Dieses Versprechen gab er ihnen und so studierte Valori, nachdem er die Fußballschuhe an den Nagel gehängt hatte, Theologie und Agronomie. Vielleicht war es gerade dieses Studium, welches ihm die Demut im Umgang mit seinen Reben lehrte. Die Achtung vor den Trauben und die Akribie, mit der er sich an die Arbeit im Weinkeller macht. Dort reifen die Weine, die er auf seinen inzwischen 16 Hektar Weinbergen, die er ganz alleine bestellt, erntet.So probiert man sich mit ihm durch seine Weine und lernt dabei immer neue Facetten seines enthusiastischen Charakters kennen, beginnt er doch plötzlich, Hegel, Kant und weitere Philosophen zu zitieren und bekennt, der marxistischen Lehre äußerst zu getan zu sein. Fußballer, Theologe und Hobbyphilosoph, seinen Weinen scheint es nicht zu schaden. Im Gegenteil. Hauptsächlich baut er den in der Region am weitest verbreiteten Montepulciano d´Abruzzo an, aber auch etwas Merlot und die weiße Traube Trebbiano.
Barrique und Stahltank
In die Kelterei nehmen wir unsere Weingläser natürlich mit. Luigi will uns noch einmal genauer zeigen, wie seine Weine in den Stahltanks und den Barriques reifen. Zuvor jedoch kicke ich ihm noch rasch den Ball zu, der hier in der Ecke liegt und er beginnt – ganz vergessen hat Luigi seine fußballerischen Qualitäten wohl wirklich noch nicht – lässig und gekonnt mit dem Ball zwischen all den Fässern und Tanks zu jonglieren.Danach kommt er jedoch gleich wieder zum Wein, beginnt zu berichten, dass die Arbeit und die Vergärung des Weines mit Naturhefe hier in diesem blitzsauberen Keller eigentlich nur fünf Prozent am Erfolg des späteren Weines ausmache: „95 Prozent passiert draußen, in den Weinbergen. Das Wetter muss stimmen, die Blätter und auch manche Trauben müssen an den Weinstöcken je nach Sonnenbestrahlung geschnitten werden. So reduziert man zwar den Ertrag, aber die Qualität steigt natürlich enorm“, erklärt Valori. In den vergangenen Jahren hat er sich viel Knowhow angeeignet und weiß, was seinen Weinen gut tut, wie lange sie im Einzelnen in den Barriques und Tanks reifen müssen.
Als wir danach wieder in die sengende Nachmittagshitze hinaustreten, bemerken wir erst, wie die Zeit hier an diesem malerischen Fleckchen Erde verflogen ist. Das lag weniger an den guten Weinen, die wir hier probiert haben, sondern vielmehr an Luigi selbst. Der gestenreiche und sympathische Wirbelwind verkauft seine Weine übrigens nicht selbst, sie werden vom Weingut Masciarelli vertrieben. Dessen Gründer, der 2008 verstorbene Gianni Masciarelli, war ein guter Freund von Luigi, bot an, ihm beim Vertrieb unter die Arme zu greifen. Luigi Valori nahm dankend an, schließlich will er kein Verkäufer sein, sondern nur noch das tun, was ihn glücklich macht: Wein machen und darüber philosophieren. Und beides tut er so gut, dass wir garantiert wiederkommen, um auf sein Wohl anzustoßen: Cin Cin, Luigi!
Bildergalerie
Luigi Valoris Weine (und auch jene von Masciarelli) finden Sie hier:
www.wagners-weinshop.com