Der Schuhbeck ist ein Meister seines Faches. Wie er aus einfachsten Zutaten, die raffiniertesten Gerichte zaubert. Da nimmt er etwas modifizierte Stärke hier, eine Handvoll Sahnepulver da, fügt einen Hauch Hefeextrakt hinzu und rührt unter Zugabe von feinen, aber nicht näher deklarierten Aromen, alles mit 3% (!) gefriergetrockneten Pilzen zusammen. Voilà, fertig ist die Champignoncremesuppe à la Schuhbeck. Wer mir nicht glaubt, kann in den Supermarkt gehen. Die Schuhbeck-Dosen stehen meist irgendwo zwischen „Westfälischer Bohneneintopf“ und „Feuerzauber Texas“. Aber das ist ja das Schöne am Schuhbeck: Er ist auf dem Boden geblieben. Gerade und schnörkellos kocht er. Nicht „geschnackselt“ wie er selbst über den Kochstil seiner Kollegen urteilt. Keine Auster im Kresse-Schaum. Keine Trüffel im Topinampurbett. Keine Erbse im Handstand. Wasser. Salz. Aroma. Passt!
Große Köche wie er haben bewiesen, dass ungezügelter Geschäftssinn und gutes Essen keine unüberwindlichen Gegensätze sein müssen, sondern nur lediglich sein sollten. Denn Köche sollten Geld verdienen dürfen. Das ist doch nur recht und billig. In einer modernen Leistungsgesellschaft ist eine unverkrampfte Einstellung zu Profit schließlich eine hohe Tugend. Und wer jetzt dem Schuhbeck seine Bücher unter die Nase hält, in der die Bedeutung von „frischen Zutaten“ und der „regionalen Küche“ gepriesen werden, der verhält sich kleinlich und rückwärtsgewandt. Wer sagt denn, dass die Sahne nicht frisch pulverisiert wurde? Oder dass das Hefeextrakt nicht aus heimischen Pilzkulturen stammt? Solche Korinthenkacker wirken auf mich bigott. Wir leben in einer liberalen Gesellschaft, in der offen diskutiert werden darf, ob Prostitution als staatlich anerkannter Beruf zugelassen werden sollte. Da sollte doch auch ein Koch die Möglichkeit bekommen, ohne finanzielle Notwenigkeit die eigene Überzeugung zu verkaufen.
Doch, lieber Herr Schuhbeck, falls Sie das gerade lesen, was natürlich nicht der Fall ist, schließlich sind Sie ein hoch beschäftigter Mann und wahrscheinlich so bodenständig und „ungeschnackselt“, dass Sie in langen, einsamen Nächten Ihre Fertigsuppen selbst in die Dosen füllen... Dennoch hätte ich eine Frage: Gibt es nicht für alles Grenzen? Ich habe gesehen, Sie kochen jetzt auch für McDonald’s. Die ganze Aktion nennt sich „Hüttengaudi“. Ich dachte zwar bisher, in den Augen eines Koches ist die einzig wahre Hüttengaudi, wenn eine McDonald’s-Filiale in Flammen aufgeht. Bitte, das ist nicht schlimm. Im Gegenteil, ich bewundere Ihre erstaunliche Kreativität, sich in aller Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Aber dass Sie mit Uli Hoeneß dabei paktieren, dafür muss ich Ihnen einen scharfen Verweis erteilen. Verkauft der Kerl doch tatsächlich bei McDonald’s sogenannte „Nürnburger“. Sie lesen richtig: Nürnburger. Ein Nürnburger ist ein Ciabatta-Brötchen mit Nürnberger Würstchen und bestrichen mit irgendeinem Senfschleim, der fatal an eitrigen Auswurf erinnert. Ciabatta! An sich schon eine Blasphemie. Ein Nürnberger Würstchen kommt nicht ins Ciabatta, sondern ins Weckla. Und zwar seit Jahrtausenden. Für mich als Franken hört da der Spaß auf. Unfassbar! Ein Schwabe wie Uli Hoeneß erdreistet sich, mit seinen fettigen Wurstfingern nach dem fränkischen Regionalheiligtum zu grabschen, selbiges in ein latschiges Industrie-Brötchen zu zwängen und dann bei einer amerikanischen Fast-Food-Kette zu verscheuern.
Nürnberger bei McDoof!!! Was kommt als nächstes? Silvaner im Pappbecher? Wenn Ihr Schwaben eine Kochkultur besudeln wollt, macht das bitte mit Eurer eigenen. Dann macht „Ländlegaudi“ mit Linsen-Spätzleburger und McSchupfnudeln-Sticks. Ich sage es, wie es ist: Menschen wie Uli Hoeneß sind die Sargnägel der deutschen Esskultur. Und das geschieht alles vor Ihren Augen, Herr Schuhbeck. Doch statt diesem Frechling den Kopf in Friteuse zu stecken, grinsen Sie nur dämlich in jede Kamera!
Darum sage ich: Kehre um, Alfons, und tue Buße. Geh’ in die Wüste, nähre Dich von Heuschrecken und wildem Honig. Wir rufen Dich, wenn die deutsche Gastronomie Dich wieder braucht. Aber das glaube ich nicht!
Zur Person:
Haben Sie zum Beispiel gewusst, dass Teile Ihres Meeresfrüchtesalats aus Schweineknorpel bestehen, der in Salzsäure gekocht wurde? Nein? Werfen Sie doch mal einen Blick auf Ihre Tütensuppe: explosionsgetrockneter Sellerie, reaktionsaromatisiertes Rindfleisch, Monosodiumglutamat… Das wird uns heute verkauft als „Elsässer Zwiebeltopf“, dabei klingt es doch eher nach: „Gulasch à la Astronaut“!
Philipp Weber ist nicht nur ein hochtalentierter Kabarettist, er ist auch studierter Chemiker. Und mit dieser Doppelbegabung hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Verbraucherschutz zur humoristischen Kunstform zu erheben. Denn lange vor Renate Künast hat Philipp Weber die politische Dimension von Essen erkannt. Sein neues Programm „Futter“ ist, wie er selber meint, eine satirische Magenspiegelung der Gesellschaft. Da er nach seinen Vorstellungen immer wieder von Zuschauern angesprochen wurde, begann er, seine aktuellen Beobachtungen zum Thema Essen in seinem "Futterblog" zu dokumentieren.
Haben Sie zum Beispiel gewusst, dass Teile Ihres Meeresfrüchtesalats aus Schweineknorpel bestehen, der in Salzsäure gekocht wurde? Nein? Werfen Sie doch mal einen Blick auf Ihre Tütensuppe: explosionsgetrockneter Sellerie, reaktionsaromatisiertes Rindfleisch, Monosodiumglutamat… Das wird uns heute verkauft als „Elsässer Zwiebeltopf“, dabei klingt es doch eher nach: „Gulasch à la Astronaut“!
Philipp Weber ist nicht nur ein hochtalentierter Kabarettist, er ist auch studierter Chemiker. Und mit dieser Doppelbegabung hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Verbraucherschutz zur humoristischen Kunstform zu erheben. Denn lange vor Renate Künast hat Philipp Weber die politische Dimension von Essen erkannt. Sein neues Programm „Futter“ ist, wie er selber meint, eine satirische Magenspiegelung der Gesellschaft. Da er nach seinen Vorstellungen immer wieder von Zuschauern angesprochen wurde, begann er, seine aktuellen Beobachtungen zum Thema Essen in seinem "Futterblog" zu dokumentieren.
Bildquelle: Artikelbild: http://artokulto-alternative-art.blogspot.com/, Portrait: Inka Meyer