Andi Schweiger: Insgesamt zwei Jahre lang. Natürlich nicht durchgängig, es war ein begleitender Prozess. Ich habe mich ja auch mit verschiedenen Produzenten getroffen, mich über ihre Produkte informiert. Auch darüber berichten wir im Buch. Das nimmt dann eben viel Zeit in Anspruch.
worlds of food: Der aktuelle „Godfather” in Sachen Region und Saison, René Redzepi aus dem Kopenhagener „Noma”, war gerade bei der Premiere der Dokumentation „Noma – My perfect Storm“ in München zu Gast. Ist er auch für dich ein Vorbild, wenn es um diese Themen geht?
Andi Schweiger: Ich finde es toll, wie konsequent René auf Regionalität setzt. Und alles, was dazu gehört, die Zusammenarbeit mit lokalen Bauern und die Verwendung saisonaler Zutaten, hat René natürlich entscheidend geprägt in den letzten Jahren. Deshalb war ich mit meinem Team auch bei der Premiere, um den Film zu schauen. Im Jahr 2009 war ich auch mal im Noma zu Gast. Ich hatte damals gerade meinen Stern bekommen, war aber wohl noch nicht ganz so weit, diese Art der Küche zu verstehen. Aber ich glaube, dass die Welt sich ohnehin erst ein Stück weit an diesen ganz extremen Kochstil von René gewöhnen musste. Fast alles war roh, fast alles wurde kalt serviert. Im Hauptgang kam ein kleines Stück Schwein, das warm war. Aber ich hatte auch damals schon allergrößten Respekt davor, das alles so konsequent durchzuziehen. Da gehört auch einfach Mut dazu.
worlds of food: Was kann man noch von René Redzepi lernen?
Andi Schweiger: Ich war damals wie heute beeindruckt davon, dass fast nur die Köche selbst die Speisen servierten. Wir haben das auch ein Stück weit adaptiert in unserem Restaurant. Ich bin ja ohnehin als Gastgeber immer wieder raus zu den Gästen gegangen, habe dann aber auch denjenigen mit dem Essen zum Gast geschickt, der es gekocht hatte. Anfangs waren sie ein wenig scheu, mit der Zeit aber – und das ist das Tolle daran – waren sie richtig stolz auf ihre Gerichte und haben dann noch mehr Leidenschaft hineingesteckt.
worlds of food: Um jetzt nicht vom eigentlichen Thema abzukommen, wobei Redzepi und das Noma natürlich ungemein interessant sind, wie sieht es mit der Saisonalität in deinem Kochbuch aus?
Andi Schweiger: Die Rezepte im Buch sind nach Jahreszeiten geordnet. Genauso finde ich, sollte ein Kochbuch sein. Ich zum Beispiel lese sie als Inspirationsquelle, genauso, wie ich über einen Markt gehe und neue Produkte erkenne. Dort gibt es eben auch nur das, was gerade wächst. Ich finde das sehr wichtig, weil wir uns alle mehr Gedanken über unser Essen machen müssen. Weniger Industriemist kaufen, mehr auf Märkte gehen, uns inspirieren lassen. Oder, wenn man die Möglichkeit hat, direkt beim Erzeuger einkaufen. Dann bekommt man automatisch das, was Saison hat – und noch dazu ist alles frisch.
worlds of food: Es handelt sich also um einen Kreativanstoß für den heimischen Herd…
Andi Schweiger: Ganz genau. Die Gerichte können ja auch mit anderen Zutaten kombiniert und gekocht werden. Wenn man also mal etwas nicht findet, nicht verzweifeln, sondern einfach ein ähnliches Produkt nehmen. So wird man automatisch kreativer und das Kochen macht mehr Spaß.
Steckbrief zum Buch: Regional mit Leidenschaft
Regional mit LeidenschaftAndi Schweiger
24,90 € (inkl. Mwst.)
Hardcover , 224 Seiten
ISBN: 978-3-89883-543-5
Hier stellen wir ein Rezept aus dem Buch vor:
Dry-Aged-Rinderrücken mit grünen Bohnen, Champignons und Kefir-Krapfen
Kartoffeln aus der Erde buddeln und Birnen vom Baum pflücken. Haselnüsse, Äpfel und Zwetschgen ernten. Genau wissen, wann der Brokkoli reif ist und wozu Kapuzinerkresse am besten passt. Klingt alles so wohlig nach Heimat. Gehört zur Philosophie von Andi Schweiger, dem wilden Exzentriker, der aus seiner direkten Umgebung das Beste herausholt. Aus der Ölmühle Walz in Oberkirch, von seiner persönlichen Schafzucht oder frisch aus der eigenen Quelle, wo die Forellen genau so sind, wie er sie liebt. Denn wieso in die Ferne schweifen, wenn das Beste vor der Haustür wächst und kultiviert wird? Im Frühling, im Sommer, im Herbst, im Winter. In den Topf kommt nur Regionales. Der Maibock aus dem heimischen Wald, das glückliche Lamm. Die Kerbelwurzeln, Johannestomaten, jungen Kartoffeln und anderen Lieblingslebensmittel, für die Andi Schweiger gern in die Hocke geht und Reife, Duft sowie Konsistenz unter die Lupe nimmt. Nicht nur so dahingeschrieben. Beweisfotos, Reportagen und Gebrauchsanweisungen gibt es in seinem neuesten Coup: „Regional mit Leidenschaft — 85 Rezepte für 4 Jahreszeiten“.