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Ratgeber Gesundheit

Ist Weißbrot wirklich so ungesund?

Weißbrot – allein bei dem Wort stehen heute vielen Menschen schon die sprichwörtlichen Haare zu Berge. Aber ist Weißbrot wirklich so ungesund, wie es heute oft dargestellt wird? Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.

Weißbrot ist verantwortlich für Diabetes, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Weißbrot besitzt keine Nährstoffe. Weißbrot macht nicht satt. Weißbrot macht dick. Weißbrot führt zu Verstopfung. Ja, Weißbrot soll sogar Depressionen verursachen.

All das und noch viel mehr konnte man in den vergangenen Jahren immer wieder in den verschiedensten Formen und Medien sehen, hören oder lesen. Über die Zeit entstand so fast der Eindruck, Weißbrot wäre hauptverantwortlich für einen Großteil der Wohlstandskrankheiten, unter denen wir in Deutschland so sehr leiden. Die logische Schlussfolgerung, die viele daraus zogen: Einfach kein Weißbrot mehr essen und alles wird gut. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Vollkornbrot ist gesünder

Grundsätzlich stimmt die These, dass Vollkornprodukte gesünder sind. Vollkornmehl enthält mehr Ballaststoffe und Vitamine. Es sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel länger auf einem relativ konstanten Level bleibt und reduziert damit das Hungergefühl.

Doch Vollkornbrot allein ist auch kein Allheilmittel. Verglichen mit Vollkornbrot schneidet Weißbrot zwar schlechter ab, es stecken aber immer noch Mineralien, Ballaststoffe und Vitamine im Weißbrot. Dazu ein ganz einfaches Beispiel: In den südlichen Ländern rund ums Mittelmeer gibt es bis heute kaum Vollkornbrote. Ob Italien, Frankreich, Griechenland oder Spanien – überall wird primär Weißbrot gegessen. Und trotzdem gilt die Mittelmeerküche als die gesündeste Art der Ernährung.

Neue Studienergebnisse

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf eine Studie israelischer Wissenschaftler vom Weizmann-Institut verweisen. Sie hatten Probanden über einen längeren Zeitraum besonders viel Brot essen lassen. Dabei bekam eine Gruppe nur Weißbrot, die andere frisches Vollkornbrot. Nach einer Woche wurde pausiert und dann die Gruppen gewechselt. Die Weißbrot-Esser bekamen Vollkornbrot und umgekehrt.

Das Ergebnis erstaunte selbst die Wissenschaftler, denn zu ihrer Überraschung fanden sie keinen Unterschied in den Auswirkungen auf die Gesundheit zwischen den beiden Brotarten. Sowohl der Mineralstoffgehalt als auch die Cholesterin-, Leber- und Nierenwerte der Probanden zeigten keine Unterschiede zwischen der Weiß- und Vollkornbrot-Phase. Selbst der Blutzuckerspiegel blieb gleich.

Die Forscher resümierten darum: es kommt auf die individuelle Konstitution an, wie gut jemand Weiß- oder Vollkornbrot verarbeitet. Nicht jeder reagiert also gleich schlecht auf das verrufene Weißbrot.

Kritiker haben dem entgegengehalten, die Studie sei zu klein und darum nicht aussagekräftig gewesen. Dennoch belegt sie in meinen Augen eindrucksvoll: Weißbrot allein ist kein Krankmacher. Auf die Mischung kommt es vielmehr an. Wenn Sie sich gesund und ausgewogen ernähren und leben, darf auch gern Weißbrot Bestandteil der Ernährung sein. Sie werden deshalb nicht gesünder oder gar krank.

Über den Autor
Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.