

Frühe Fusionsküche in Vietnam
Aber der Reihe nach, schließlich blickt das südostasiatische Land auf eine bewegte Geschichte zurück, die auch maßgeblichen Einfluss auf dessen kulinarische Kultur hat. Durch die Kombination aus exotischen Zutaten und althergebrachten Rezepten mit dem französischen Kochstil entwickelte sich hier bereits während der ersten Besatzungszeit der Franzosen zwischen 1858 und 1930 eine frühe Form der heutzutage im Trend liegenden Fusion Cuisine. So werden Baguette und Leberpaté für das Banh Mi Sandwich verwendet, Crêpes mit Meeresfrüchten serviert und die klassische Consommé bildet die Grundlage für beliebte vietnamesische Suppen wie die Pho (u.i.Bild).
Die Franzosen waren es auch, die das Bier Ende des 19. Jahrhunderts in das damalige Indochina brachten – zunächst ohne auf Gegenliebe der Einheimischen zu stoßen. Einerseits galt es aufgrund der damals noch geringen Produktionsmengen als Produkt für Wohlhabende und war anderseits zu bitter für die an süßen Reiswein gewohnten Vietnamesen. Erst mit der durch Ho Chi Minh erkämpften Unabhängigkeit von den Besatzern Mitte des vergangenen Jahrhunderts und ein wenig Nachhilfe in Sachen Brauwesen durch den damaligen sozialistischen Bruderstaat Tschechoslowakei sollte sich das ändern.
Freilich ist der günstige Preis ein gewichtiges Argument für den Siegeszug des Bia Hoi im nördlichen Vietnam seit den 1950er Jahren, aber beileibe nicht das Einzige. So wird das frische Bier – nichts anderes bedeutet Bia Hoi – nur sehr kurz gelagert, in Fässer abgefüllt, am selben Tag ausgeliefert und schon heißt es „O´zapft is!“. So entsteht ein süffiges Bier, das mit zwei bis drei Prozent Alkoholgehalt zudem sehr leicht und ein wahrer Genuss bei den überwiegend schwül-heißen Temperaturen in Vietnam ist.

Telepathie auf den Straßen Hanois
So verlassen neben den herkömmlichen Bieren, die in Vietnam ebenfalls gebraut werden, täglich unzählige Fässer Bia Hoi die Brauereien, um die vielen kleinen Eckkneipen und auch die bei Touristen beliebte Beer Street, pulsierendes Zentrum des Nachtlebens, und die Cafés in der Train Street zu versorgen.

Dass sich so viele Kneipen auf den Straßen der Hauptstadt finden, ist kein Wunder, schließlich spielt sich beinahe das gesamte Leben in Hanoi auf ebenjenen ab. Unzählige Garküchen, provisorische Marktstände und fliegende Händler säumen die Bürgersteige der Metropole. Massenhaft Fußgänger und die Fahrer der kunstvoll und teils turmhoch mit Waren beladenen Fahrräder stärken sich gerne direkt am Straßenrand mit aromatischem Street Food. Hinzu kommen Busse, Autos und sage und schreibe vier Millionen Motorroller, die den Verkehr für Touristen zunächst zum undurchschaubaren Chaos machen, das letztlich überraschend gut funktioniert. Telepathie sagen die Einheimischen scherzhaft, sei das Geheimnis. In Wahrheit jedoch sorgen enorme Achtsamkeit den anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber sowie eine klare Linie und einheitliches Tempo für den richtigen Flow.
Hanoi mit dem Motorroller entdecken
Mit ein wenig Mut kann man sich bei einer Food-Tour als Sozius auf der Vespa von den telepathischen Fähigkeiten der Hanoianer überzeugen und dabei mehr über Vietnams Historie erfahren. Im dichten Verkehr entdeckt man Sehenswürdigkeiten, wie das Ho Chi Minh Mausoleum, den städtischen Hoan-Kiem-See, die St.-Joseph-Kathedrale und das Opernhaus Hanoi – beides Überbleibsel der französischen Besatzung – sowie sehenswerte Tempel und prächtige Pagoden der Stadt. Die exotische vietnamesische Küche, die man bei den einzelnen Stopps in ausgewählten Restaurants probiert, hatte es schon dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama angetan, wie ein Foto im Restaurant Bun Cha Huong Lien zeigt. Die Hemdsärmel hochgekrempelt genoss er hier auf seinem Plastikhocker eine würzige Bun Cha Bowl (gegrilltes Schweinefleisch, das mit Reisnudeln, frischen Kräutern und einer würzigen Sauce zum Dippen serviert wird), bewies dabei ungeahnte Fertigkeiten im Umgang mit den Essstäbchen und freute sich über diesen informellen Programmpunkt während seines Staatsbesuchs im Jahr 2016.
Im Anschluss an die Roller-Tour lässt man die frischen Eindrücke dann beim Bia Hoi Revue passieren und kommt dabei trotz aller Sprachbarrieren leicht mit Einheimischen in Kontakt. Oder man schwelgt vielleicht schon in den nächsten Reiseplänen – irgendwann ist das Bia Hoi Fass schließlich leer, und die Kneipe macht zu. Mit seiner weltoffenen Atmosphäre, der einzigartigen Küche und dem frischen Bier ist Hanoi weit mehr als ein guter Ausgangspunkt für Entdeckungsreisen durch das abwechslungsreiche Urlaubsland Vietnam oder in dessen Nachbarländer Kambodscha und Laos mit ihren beeindruckenden, jahrhundertealten Tempelanlagen.

Die Reise-Infos
ReiseanbieterEnchanting Travels ist ein Spezialreiseveranstalter, der maßgeschneiderte und nachhaltige Themenreisen zu über 70 Zielen weltweit anbietet, darunter auch Vietnam und Kambodscha. Die 17-tägige Tour „Mekong und Mehr“ kostet ab etwa 3.900 € pro Person – ohne Flüge (www.enchantingtravels.com/de)
Vietnam Airlines fliegt seit Oktober 2024 jeweils zweimal pro Woche von München nach Hanoi und Ho Chi Minh City und elfmal pro Woche nonstop von Frankfurt nach Hanoi. Ab 700,- Euro in der Economy Class (www.vietnamairlines.com)
Unterkunft
Grand Mercure Hanoi – zentral gelegenes 5-Sterne Hotel, Zimmer ab ca. 140 € pro Nacht für 2 Personen (www.grandmercurehanoi.com)
Genuss
Hanoi Foodie Experience - Vespa Tour zu authentischen Restaurants in Hanoi (vespaadventures.com/hanoi)
