Wie entsteht ein Kochbuch, Herr Paul? alle Bilder: Stefan Malzkorn/malzkornfoto.de

Wie entsteht ein Kochbuch, Herr Paul?

Stevan Paul schreibt Kochbücher. Seine eigenen, oder aber – gewissermaßen hinter den Kulissen – als Auftragsarbeiten für Verlage und bekannte Köche. Wie ein Kochbuch entsteht, wie vielseitig Stevan Paul kulinarisch unterwegs ist und welche Tipps er in Sachen Food-Fotografie auf Lager hat, erfahren Sie im Interview.

worlds of food: Herr Paul, gerade stellten Sie Ihr Kochbuch “Deutschstunde” vor. Deutsche Klassiker, die Rezepte und ihre Geschichte dazu. Ist heutzutage eine ausgefallene Idee das wichtigste, um ein Kochbuch auf den Markt zu bringen?
Stevan Paul: Ich denke schon. Zumindest wäre das doch sehr wünschenswert, denn in der Schwemme der Publikationen sticht für interessierte Hobbyköche genau das hervor, was über die Basis hinausgeht. Die „Deutschstunde“ ist so gesehen ja auch mehr als ein reines Kochbuch.  In dieser Sammlung gehen wir der deutschen Küche auf den Grund. Woher kommen die Gerichte und wie werden sie gekocht.

worlds of food: Was unternehmen denn die Verlage, um interessante Inhalte anzubieten? Wird dort auch Marktforschung betrieben, welches Thema gerade gut laufen könnte?
Stevan Paul: Auf mich als Kochbuch-Autor kommen Verlage in der Tat mit bestimmten Themen und Wünschen zu. Da hat man sich natürlich zuvor Gedanken gemacht. Aber ich biete eben auch eigenständig Themen an, die ich interessant und relevant finde.

worlds of food: Sie haben bei der Entstehung vieler Kochbücher mitgewirkt, unter anderem auch bei Tim Mälzers Greenbox. Gibt es da ein Muster, nach dem immer gearbeitet wird, oder erfolgt das individuell?
stevan paul 2Stevan Paul: Für gewöhnlich wird eine Liste an Rezepten erstellt, die dann ausformuliert werden. Zumindest jene, die am besten in das jeweilige Konzept passen. Im Vorfeld passiert da recht viel, was die Gliederung und Strukturierung angeht. Danach geht es dann ins Studio, die Rezepte werden gekocht und fotografiert. Zum Abschluss geht der Autor dann noch mal in sich, schreibt die Einleitung und auch die Rezepte ins Reine. Tim Mälzers Greenbox war jedoch eine Ausnahme von diesem skizzierten Weg, eine recht individuelle Art und Weise, ein Kochbuch zu gestalten. Tim sagte, wir fahren los, kaufen ein und gucken, was zu diesem Thema passiert. Die drei Wochen, die Tim Mälzer, Marcel Stut und ich auf Mallorca verbrachten, waren ungemein spannend. Da hatten wir viel Zeit, Dinge auszuprobieren und uns gegenseitig zu inspirieren. Das war eine tolle Arbeit, die sehr viel Spaß gemacht hat.

worlds of food: Ihr Aufgabenbereich bei der Entstehung eines Kochbuchs ist sehr vielseitig, benennen Sie doch einmal kurz die Tätigkeiten, mit denen Sie in diesem Prozess betraut sind. Vielleicht können wir anschließend die interessantesten Bereiche noch etwas genauer beleuchten?
Stevan Paul: Gerne. Ursprünglich komme ich ja vom Kochen, habe Koch gelernt. So war meine Aufgabe anfangs auch immer das Food-Styling, also das Umsetzen der Rezepte für die Kamera. Inzwischen habe ich mir allerdings ein zweites Standbein erarbeitet, bin journalistisch und literarisch tätig. Daraus resultiert, dass ich nun die Kochbücher immer häufiger auch selbst schreibe.

worlds of food: Bleiben wir doch direkt beim Food-Styling. Es gibt Gerüchte, dass Vanille-Eis für Fotoaufnahmen durch Kartoffelpüree ersetzt wird. Gibt es diese Tricks wirklich?
Stevan Paul: Der Glaube, der Food-Stylist arbeite mit Rasierschaum, Motoröl oder falschem Vanille-Eis, sitzt anscheinend sehr fest in den Köpfen. In Zeitschriften, Magazinen oder Kochbüchern jedoch wird seit mindestens 15 Jahren nicht mehr getrickst. Das hat einen einfachen Grund: Wenn die Bilddarstellung eines Gerichtes zu überdreht ist, zu perfekt, dann kauft der Leser das Magazin nicht mehr. Ganz einfach weil kein Leser das Gericht so perfekt anrichten kann, wie auf der Abbildung. Dann bleibt er enttäuscht zurück. Aber auch die Technik hat enorm dazu beigetragen, dass man nicht mehr mit solchen Tricks arbeiten muss. Dauerte so ein Shooting früher noch recht lange, weil man auf einen Abzug warten musste, hat man heute ein Livebild auf dem Monitor und sieht direkt, ob ein Bild etwas geworden ist. Das heißt, eine eventuelle Haltbarmachung ist schon deshalb nicht mehr nötig. Wenn ich persönlich also ein Food-Styling mache, ist hinterher alles essbar – und darauf besteht auch die ganze anwesende Mannschaft (lacht).

Die Werbung ist eine andere Sache. Da wird getrickst und geschönt. Aber das Wesen der Werbung ist ja die Überhöhung eines Produktes, Werbung will verführen.

worlds of food: Wenn wir schon beim Thema Food-Fotografie sind. Worauf kommt es dabei an, haben Sie Tipps für kulinarische Schreiberlinge, die einen Foodblog betreiben?
Stevan Paul: Im Grunde genommen braucht es dazu nicht viel. Ich empfehle immer Tageslichtfotografie, das ist das einfachste. Man schiebt den Tisch an ein Fenster, Nordseite eignet sich immer besonders gut, da man ja keine direkte Sonneneinstrahlung haben möchte. Dann braucht man eigentlich nur noch eine Styropor-Platte zum Aufhellen der anderen Seite und fertig ist das Bild. Natürlich braucht man auch eine Kamera, die ein bisschen was kann, bei der man mit der Schärfe und Unschärfe spielen kann.

worlds of food: Welche Ihrer Aufgaben macht Ihnen denn am meisten Spaß?
Stevan Paul: Ich fotografiere ja nicht selbst, außer für meinen Blog,  und würde mich folglich als Food-Stylist und Autor bezeichnen. Beides mache ich aber gleichermaßen gerne. Diese beiden Aufgaben ergänzen sich ja und laufen glücklicherweise immer häufiger zusammen in meiner Arbeitswelt.

worlds of food: Kommen wir abschließend zurück zur „Deutschstunde“, wird es davon denn eine Fortsetzung geben? Ein paar Klassiker hat die deutsche Küche ja noch zu bieten…
stevan paul1Stevan Paul: Ja, das ist durchaus möglich. Ich habe ohnehin ein großes Faible für die deutsche Küche, weil ich glaube, dass sie noch immer stark unterschätzt wird. Alle schauen nach Frankreich und Italien, in die großen Küchen Europas. Doch haben wir hier nicht eine großartige, seelenwärmende Küche? Sie leidet aber noch immer an den Vorurteilen, sie sei zu schwer und zu fett. Dabei kann man das auch ganz anders machen. Das wollen wir in der „Deutschstunde“ zeigen.

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