Payer Aging – Fleisch in der Reifebox veredeln Emerson Vieira on Unsplash (Titelbild); Diana Bachmann (Textbilder)
Patentiertes Reifesystem für Fleisch

Payer Aging – Fleisch in der Reifebox veredeln

worlds of food hat die patentierten Reifeboxen zur Fleischveredelung von Payer Aging in Zusammenarbeit mit einem Biohof getestet. Hohe Fleischqualität hängt schließlich nicht nur von der Art der Tierhaltung und dem Alter der Tiere ab, sondern auch davon, wie sie geschlachtet wurden und vor allem, ob und wie das Fleisch reifen konnte.

Bio-Bauer Herr B. ist skeptisch, als wir mit unserer Anfrage auf ihn zukommen, die Reifeboxen von Payer Aging zu testen. „Reifekästen aus Plastik?“, wundert er sich. Viele Jahre hat er dafür gekämpft, dass er seine Rinder selbst schlachten darf. Gleich auf der Weide. Ohne Stress für die Tiere. Ohne Transport. Weil er seine Tiere liebt. Sie kommen auf Zuruf, egal ob sie im Wald oder auf unwegsamen Magerrasenflächen unterwegs sind. Er will gutes Fleisch vermarkten, beweisen, dass man nicht vegan leben muss, um Tierleid verhindern zu können. Zeigen, dass Tierwohl mehr ist, als die Ziffer 4 auf einem vakuumierten Stück Supermarktfleisch.

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Muttermilch, solange die Kälber möchten, und kräuterreiches Weideland, so weit das Auge blickt – Tierwohl und hohe Fleischqualität auf dem von uns besuchten Hof in Thüringen

Inzwischen hat er es endlich geschafft: Weideschlachtung, ein eigenes kleines Schlachthaus mit Kühlzellen und Reifekammern. Trotz Bürokratie. Trotz fehlender MIttel. Trotz der anfänglichen und entmutigenden Aussage einer Regional-Politikerin: „Das haben schon andere versucht und nicht geschafft, lassen Sie die Finger davon.“

Das Fleisch seiner Tiere zeigt heute Spitzenqualität. Auch ohne intensive Mast – oder gerade deswegen. Neben der optimalen Haltung bekommt es Zeit zum Reifen. Bei ein bis zwei Grad Celsius und 68 Prozent Luftfeuchtigkeit reifen die Steaks und sonstigen Cuts, bis die sich in ihm entwickelnden, Eiweiß-spaltenden Enzyme die Muskelfasern aufbrechen. Dadurch wird das Fleisch mürbe, die Steaks butterzart. Drei bis acht Wochen reift das Fleisch auf diese Weise und durch Oxidation und Wasserverdampfung entsteht bei dieser Dry Aged Reifung eine Art Kruste, unter der sich das bei Kennern so beliebte unvergleichliche Aroma trocken gereiften Fleisches entwickelt. Der Gewichtsverlust durch die Wasserabnahme nimmt Herr B. dabei gerne zu Gunsten des besseren Fleisch-Aromas in Kauf. Er weiß: für sein Fleisch bezahlen seine Kunden gerne etwas mehr.

Natürlich ginge die Fleischreifung auch weniger kompliziert. In Plastiktüten vakuumiert könnte platz- und zeitsparend auf gleichem Raum in kürzerer Zeit mit weniger Energie deutlich mehr Fleisch reifen. Und das fast ohne Gewichtsverlust. Wet Aging heißt diese Methode, bei der die unmittelbar nach dem Schlachten verpackte Ware nur noch gekühlt und etikettiert werden muss, bevor sie in den Regalen der Supermärkte landet. Damit die austretende milchsäurehaltige Flüssigkeit dem Kunden nicht auffällt, enthalten solche Verpackungen oft noch ein stark saugendes Vlies.

Payer Aging – Neue Reifemethode

Und nun kommen wir mit den Boxen von Payer Aging daher, einem österreichischen Unternehmen, das sich qualitativ hochwertige Fleischveredelung auf die Fahnen geschrieben hat und sich dafür ein besonderes Reifesystem hat patentieren lassen. „Die Zeit ist reif.“, sagt Hersteller Norbert Payer über seine Innovation in Bezug auf die Fleischreifung. worlds of food bat Herrn B., die Boxen zu testen.

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Eine neue Methode der Fleischreifung – worlds of food testet sie

Payer Aging – So funktioniert die Fleischreife in der Box

Und so funktionieren die Reifeboxen: Das Fleisch wird in die lebensmittelechten Behälter eingelegt und anschließend mit einem sandgefüllten schweren Deckel verschlossen. Das Fleisch reift nun unter Sauerstoffausschluss im eigenen Saft. Reifegase können entweichen, während die für die Reifung wichtige Enzymbildung im Fleisch ungestört voranschreitet. Soweit die Anleitung des Herstellers.

Payer Aged Reifebox

Wir sind gespannt. Klingt interessant, finden wir und machen uns an den Versuch. Im Reifeschrank landet die eine Rinderrückenhälfte zum Dry Aging, die zweite Hälfte wird nochmals aufgeteilt. Ein Teil in die Payer Reifebox, der andere in Vakuumbeutel zum Reifen im eigenen Saft (Wet Aging). Box und vakuumierte Fleischstücke verschwinden im Kühlhaus. Und jetzt heißt es abwarten, bis die Zeit – Pardon – bis das Fleisch reif ist. Dry Aged vs. Wet Aged vs. Payer Aged sozusagen.

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Bei freier Bewegung und ganzjähriger Weidehaltung ist das Fleisch der Rinder magerer und damit weniger marmoriert. Ist ein butterzartes Steak auch ohne intensive Ochsenmast möglich?

Drei Wochen später: Das Ergebnis

Dry Aged – das Steak aus dem Reifeschrank:

Das Fleisch hat während der Reifung deutlich an Gewicht verloren. Der Laie wundert sich, dass sich auch das Verhältnis von Muskelfleisch und Fett zueinander verändert hat. Fleisch enthält mehr Feuchtigkeit als Fett, wodurch der Fleischanteil eines jeden Steaks stärker abnimmt. Der daraus resultierende sehr intensive Fleischgeschmack mit einem leicht nussigen Aroma ist genau das, wovon Kenner schwärmen. Würzen? – Überflüssig!

Wet Aged – Das Steak aus dem Vakuum

Auch bei dieser Art der Fleischreifung wird das Fleisch mürbe. Allerdings trocknet hier die aus dem Fleisch austretende Flüssigkeit nicht ab, sondern verbleibt sichtbar in der Vakuumtüte. Durch die darin enthaltene Milchsäure verändert sich die Struktur des Fleisches, leider aber auch Geruch und Geschmack. Nass gereiftes Fleisch besitzt eine mehr oder weniger ausgeprägte säuerliche Note. Wir tupfen das Steak vor der Zubereitung gründlich ab. Etwas Gewürz braucht es schon. Dann lassen wir es uns schmecken.

Payer Aged – Das Steak aus der Box

Premiere – wir sind gespannt. Herr B., sein Fleischer, unsere Redaktion. Der schwere Deckel des Behälters wird entfernt. Das Fleisch ist vollständig von einer geringen Menge Flüssigkeit bedeckt. Wir entnehmen es und tupfen es trocken. Das Fleisch sieht fast genau so aus, wie als wir es in die Box gegeben haben. Größe, Farbe, Geruch – alles optimal. Das Fleisch hat zudem nicht an Gewicht verloren, alle Aromastoffe sind im Fleisch geblieben und das sehen, riechen und schmecken wir.

Fazit: Reifemethoden im Test

Trocken gereifte Steaks und das Steak aus der Reifebox von Payer Aging sind geschmacklich nicht zu übertreffen. Das Fleisch im Reifeschrank ist zwar Blickfang im kleinen Hofladen von Herrn B., das Fleisch aus der Reifebox qualitativ aber genauso gut und besticht durch einen weiteren Vorteil für den Bio-Landwirt: Es ist deutlich wirtschaftlicher, schließlich werden die Gewichtsverluste des Fleischs minimiert und das Kühlhaus kann durch die gut stapelbaren Boxen maximal ausgelastet werden. Das spart Platz und Strom.

Und für einen kleinen Hofladen nicht unwichtig: Immer frisches Fleisch trotz größerer Schlachtungsintervalle, denn das Fleisch kann nach Abschluss des Reifeprozesses und Öffnung der Reifebox sieben Tage in Folge täglich heraus- und wieder hineingegeben werden.

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Veredlung statt Intensivmast – führt zu außergewöhnlicher Fleischqualität (©pixabay.com / ReinhardThrainer)

Übrigens: Für Fleischfans gibt es auch eine kleine 16 Liter Reifebox von Payer Aging – die passt sogar zu Hause in den Kühlschrank!

Weitere Infos: www.payer-aging.com

Mehr zum Thema: Hier erklären wir die Reifemethoden Dry Aged, Aqua Aged und Asche Aged genauer