Villa Nai 3.3
Das Interview mit Yann Berger
worlds of food: Yann, Sie können sich glücklich schätzen an so einem magischen Ort wie der Villa Nai 3.3 zu arbeiten, nicht wahr?Yann Berger: Ja, das tue ich. Ich suche mir den Ort, an dem ich arbeite, immer sorgfältig aus. Ich habe schon in Lappland gearbeitet und auch in Schweden auf kleinen Inseln. Ich bin also immer auf der Suche nach solch schönen Orten und dabei immer auch auf der Suche nach Nachhaltigkeit. Das ist der Hauptgrund, warum ich mich hier beworben habe, denn wir versuchen hier, so viele lokale Produkte wie nur möglich zu verwenden. Für mich geht es um mehr als nur um das Kochen, ich möchte als Küchenchef die Verantwortung übernehmen, den Menschen zu erklären und zu zeigen, dass es manchmal besser ist, etwas Regionales zu essen, als irgendwelchen Produkten hinterherzujagen, die von weit herkommen – auch wenn sie außergewöhnlich sind.
Yann Berger im Gespräch
Servieren Sie auch traditionelle Gerichte aus Dalmatien?
Ja, ich lasse mich von der Umgebung inspirieren, gebe aber immer eine französische Note dazu. Ich würde sagen, es ist eine Folge meiner vielen Reisen. Auf Reisen lernt man verschiedene Techniken kennen und generell finde ich, dass Kochen ein bisschen wie Musik ist. Man lernt Techniken und kann sich dann selbst ausdrücken. Dabei lege ich Wert auf biologisch angebaute Zutaten, arbeite dafür mit den Landwirten vor Ort zusammen.
Auch die Besitzerfamilie Morović ist hier sehr engagiert. Es geht aber nicht nur darum, für die Insel hier zu werben, denn diese Insel ist fantastisch, man muss nicht so viel Werbung für sie machen. Es geht vielmehr darum, einen vernünftigen Ansatz zu entwickeln und zu versuchen, diesen Schatz, den wir hier haben, zu bewahren.
Sie legen Wert auf saisonale Küche, wie oft ändern Sie Ihr Menü?
In meinen früheren Stationen habe ich teilweise täglich die Speisekarte geändert. Die Gerichte standen auf einer Tafel, je nachdem, welche Produkte gerade gut verfügbar waren. Hier habe ich jetzt noch ein völlig neues Team und da fahren wir mit einem festen Menü. So wachsen wir zusammen und das Team lernt zunächst, worauf es ankommt. Es geht um Organisation, Rotation, alles Mögliche. Nächstes Jahr sind wir einen Schritt weiter, da werden wir mehr Freiheiten haben und unserer Kreativität freien Raum geben können. Das ist auch wichtig, damit die Gäste jeden Tag eine Auswahl an tollen neuen Gerichten haben.
Restaurant Grotta 11.000
Worin besteht der Unterschied zwischen den beiden Restaurants in der Villa Nai 3.3?
Das Grotta 11.000 hat seine Wurzeln in der Vergangenheit, bei den ersten Bewohnern der Insel, vor etwa 11.000 Jahren. Wir greifen im Grotta also auf eine einfache Art des Kochens mit heißen Kohlen zurück und grillen die Gerichte vor den Augen der Gäste. Das ist der direkteste und ursprünglichste Ansatz. Im Restaurant 3.3 tendieren wir zur gehobenen Küche: Wir verwenden lokale Produkte und entwickeln daraus feine Gerichte.
Yann Berger im hoteleigenen Restaurant Grotta 11.000
Ist es entspannter wenn man in einem Hotel mit nur acht Zimmern und Suiten kocht, oder herrscht da womöglich ein noch größerer Druck?
Gäste aus nur acht Zimmern können genauso anspruchsvoll sein, wie die Restaurants mit 200 Plätzen, die ich schon geführt habe. Wir machen das hier ja auf einem sehr hohen Niveau und versuchen alle Wünsche unserer Gäste zu erfüllen. Jeder soll wirklich das schönste Erlebnis haben und dabei muss man mit vielen Überraschungen rechnen. So einfach, wie es scheint für so wenige Gäste zu kochen, ist es also nicht.
Auf dem Dach der Villa Nai 3.3 gibt es einen eigenen Garten mit Obst und Gemüse. Sind Sie auch an der Gartenarbeit beteiligt?
Nein, ich ernte nur das Gemüse für meine Gerichte. Am Ende der Saison werden Herr Morović und ich uns dann zusammensetzen und entscheiden, welche Gemüsesorten wir im nächsten Jahr anbauen werden und den Garten und damit auch die Küche Stück für Stück weiterentwickeln.
Reisen Sie weiterhin, um sich kulinarisch zu bilden?
Außerhalb der Saison verbringe ich die Zeit am liebsten in der Heimat. Wenn ich etwas lernen will, möchte ich auch in dem entsprechenden Land arbeiten. Deshalb blicke ich auf viele internationale Stationen zurück, so habe ich mich weitergebildet. Ich möchte Teil des Konzepts sein, in die Kultur eintauchen, um die Küche einer Region wirklich zu verstehen.
Sie haben zunächst erst Literatur studiert und sich dann entschieden, Koch zu werden. Eine ungewöhnliche Entscheidung…
In gewisser Weise, ja. Ich wollte eigentlich Deutschlehrer werden, aber damals gab es zu wenige Stellen. Das hatte keine Zukunft, obwohl ein guter Student in deutscher Literatur war. Da ist man dann 23 und fragt sich natürlich, was soll ich machen? Ich half dann einem Freund von mir, der ein kleines Restaurant in meiner Heimatstadt hat und eines Tages rief er mich an, weil sein Chefkoch krank war. Er fragte mich: Kannst du mir heute Abend in der Küche helfen? Ich habe geholfen und an diesem Abend 40 Teller geschickt, hatte eine Menge Spaß dabei. Eine Menge Energie, eine Menge Tempo. Also beschloss ich, mich als junger Erwachsener um einen Ausbildungsplatz zu bewerben. Nicht ganz einfach, denn zu dieser Zeit sagten die meisten Arbeitgeber mir, dass ich bereits zu alt sei. Ich habe also die Küchenleben der alten Schule in Frankreich kennengelernt. Es war sehr hart, sehr unhöflich. Aber ich habe überlebt. Nach zwei Jahren habe ich mich bei Michel Bras in seinem Drei-Sterne-Restaurant beworben und ich hatte die Möglichkeit, seinem Team beizutreten. Damit öffnete sich die Tür zur Welt des Kochens für mich und ich begann, durch Frankreich zu reisen. Wollte ich etwas über die Fisch-Zubereitung lernen, arbeitete ich in der Bretagne. So folgten zahlreiche Stationen und ich musste immer doppelt so viel arbeiten, um meine Kollegen vergessen zu lassen, dass ich so spät angefangen hatte. Zu dieser Zeit wurden dir keine Geschenke gemacht.
Glauben Sie, dass Kochen und Literatur etwas miteinander zu tun haben?
Ja. Inspiration. Sie kann Menschen in eine einzigartige Fantasiewelt bringen.
Hintergrund: Villa Nai 3.3
Weitere Informationen unter: villanai.com