In der Vergangenheit haben epidemiologische Studien bereits gezeigt, dass Teetrinkener seltener an schweren Krankheiten wir Osteoporose, Krebs- oder Herz-Kreislauf-Leiden erkranken als Menschen die nie Tee trinken. Warum Tee so einen positiven Einfluss auf den Körper hat, war dagegen bisher unklar. Nun haben allerdings Nikolai Kuhnert, Professor für Chemie an der Jacobs University, und sein Team erstmalig bestimmte molekulare Wechselwirkungen zwischen den Inhaltsstoffen im Tee und der menschlichen DNA zeigen können. Diese könnten für den gesundheitlichen Nutzen vor Tee verantwortlich sein (Vorabpublikation in „Food & Function“, DOI: 10.1039/C2FO30159H).
Polyphenole schützen vor Zerfall
Dass Tee gesund ist, ist schon länger klar. Doch bislang gingen die Forscher davon aus, dass die sogenannten Polyphenolen für die gesundheitliche Wirkung verantwortlich sind. Diese sekundären Pflanzenstoffe machen 70 Prozent der Trockenmasse einer Tasse Tee aus. Diese Polyphenole wirken antioxidativ und sollen so freie Radikale einfangen und binden, die die Zellen schädigen können. Doch einige Untersuchungen in den letzten fünf Jahren haben dies in Frage gestellt.Nun konnten die Bremer Forscher erstmals zeigen, dass nicht die Polyphenole sondern bestimmte molekularbiologische Wechselwirkungen mit dem in Zellen gespeicherten Erbgut für den gesundheitlichen Effekt verantwortlich sind. Die Forscher fanden heraus, dass sich bestimmte Tee-Polyphenole (Epigallocatechingallat aus grünem Tee und Theaflavin-Digallat aus schwarzem Tee) häufig Bindungen mit DNA-Stücken und Proteinen eingehen, die am Ende eines Chromosoms, dem sogenannten Telomer liegen. Dort schützen die Polyphenole den DNA-Strang vor Zerfall.
Länger leben mit Tee?
„Wir gehen davon aus, dass diese positive stabilisierende Wirkung auf die Erbinformation auf lange Sicht auch die Gesundheit und Lebenserwartung des gesamten Organismus verbessert. Bestätigt wird dies durch Experimente mit der Fruchtfliege Drosophila, deren Lebensdauer sich durch den Konsum von Tee um rund 20 Prozent verlängert. Im Prinzip kann jede chemische Verbindung, die in dieser Weise an die Telomere andockt, diesen Effekt haben; interessanterweise kennen wir bislang jedoch noch keine andere natürliche Substanz, die Telomere so effektiv stabilisiert, wie die Tee-Polyphenole“, erklärt Nikolai Kuhnert.In weiteren Studien wollen die Bremer Forscher nun herausfinden, wie sich die Tee-Polyphenole im menschlichen Körper unter alltäglichen Bedingungen verhalten. „Sollte es sich herausstellen, dass sich durch regelmäßigen Tee-Konsum im menschlichen Gewebe Tee-Polyphenole im Zellkern anreichern, hätten wir tatsächlich erstmals den Nachweis dafür, dass ein Lebensmittel das menschliche Leben verlängern kann. Dies wäre dann eine hochinteressante Ausgangsbasis für medizinische und klinische Studien, um das therapeutische Potenzial der Tee-Polyphenole zu erforschen“, sagt Kuhnert abschließend.