Schon lange bekommen wir eingeimpft, dass wir genug trinken sollen. Vor allem Kinder und Senioren bekommen immer den mahnenden Zeigefinger gezeigt, wenn sie weniger als die als Minimum geforderten 1,5 Liter Wasser getrunken haben. Doch kaum einer hinterfragt die Menge Flüssigkeit, die der Körper wirklich braucht.
Dass der Organismus mindestens 1,5 Liter Wasser braucht, ist das Ergebnis einer Werbekampagne. So zumindest lautet die Aussage der schottischen Medizinerin Margaret McCartney. Für sie ist vor allem der französische Nahrungsmittelkonzern „Danone“, der unter anderem auch die Mineralwasser „Volvic“ und „Evian“ vertreibt, mit seiner Kampagne „Hydration for Health“ dafür verantwortlich, dass wir zumindest gefühlt immer am Rande der Dehydrierung stehen.
In dieser Kampagne macht Danone auf die angeblichen schwerwiegenden Folgen von Flüssigkeitsmangel aufmerksam, zu denen die Entstehung von Gefäßkrankheiten, Gallensteinen oder Nierenschäden gehören, und fordert dazu auf, die ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit zu einem grundlegenden Bestandteil der Gesundheitsversorgung zu machen. McCartney kritisiert im renommierten „British Medical Journal“ dabei, dass diese Warnungen von vielen Medizinern und Medien widerspruchslos übernommen werden.
Braucht der Mensch gar nicht 1,5 Liter?
Doch laut McCartney ist nicht bewiesen, dass der Mensch wirklich 1,5 Liter braucht. Auch ältere Menschen, die oft weniger Durst haben, sollen nicht unbedingt davon profitieren, wenn sie mehr trinken, wie häufig behauptet wird. Hier geht sie auf klaren Konfrontationskurs zu Danone.
In Großbritannien werden Schüler dazu aufgefordert, acht Gläser Wasser am Tag zu trinken. Für McCartney ist das „bewiesener nonsense“. Das hat auch Heinz Valtin in seiner 2002 im „American Journal of Physiology“ veröffentlichten Kritik geschrieben. Valtin zu Folge gibt es nicht nur keine wissenschaftlichen Beweise, dass wir so viel trinken müssen, es könne vielmehr sogar gefährlich sein. Zum einen könnte durch zu viel Flüssigkeit der Elektrolythaushalt gestört werden, zum anderen bekommen die Menschen ein schlechtes Gewissen, wenn sie unter dem angeblich gesunden Mindestmaß bleiben.
Auch im „Journal of the American Society of Nephrology“ schlagen Negoianu und Goldfarb in die gleiche Kerbe. Der beiden Wissenschaftler zu Folge gibt es keinerlei Beweise, dass es gesund ist, so viel zu trinken. Auch die bisherigen Studien, auf die sich Danone und andere Trink-Befürworter beziehen, berufen sich auf Studien, die weder repräsentativ noch auf den gesunden Teil der Bevölkerung zurückzuführen sind.
Tatsächlich kann übermäßiges Trinken auch Nierenprobleme verursachen oder Infektionen der Harnwege begünstigen. Zudem ist der Schlaf gestört, wenn wir nachts öfter aufstehen müssen, um uns zu erleichtern.
Wie viel wir trinken müssen ist eine Frage, die so noch nicht zu beantworten ist. Dahingehend sind sich die Wissenschaftler einig. Es reicht aber nicht den Menschen zu sagen, dass sie einfach mehr trinken sollen. Hier spielt man nur den Wasserverkäufern in die Karte.
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