was-isst-deutschland
Imkern in der Stadt – die Bienen freut‘s thinkstock.com

Imkern in der Stadt – die Bienen freut‘s

1,2 Kilogramm Honig isst jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr, 20.000 bis 25.000 Tonnen davon ernten die deutschen Imker zusammengenommen. Immer mehr von ihnen haben ihre Bienenstöcke in der Stadt. In Stadtgärten oder hoch oben über den Dächern, die Bienen fühlen sich fast überall wohl.

Bienen sind wahre Ausdauerflieger – für ein Pfund Honig fliegt eine Biene in etwa drei Mal um die Erde. Jedes Bienenvolk hat ein Sammelgebiet von enormen 50 Quadratkilometern, was ungefähr der Größe des Stadtgebiets Köln gleicht. Wenn der Honig allerdings seinen Weg in die Bäuche der Deutschen finden soll, müssen sich Leute um die Bienen kümmern. Das ist die Aufgabe der Imker.

Laut des Deutschen Imkerbundes (D.I.B.) gibt es momentan 94.000 Imker in Deutschland, die sich um 750.000 Bienenvölker kümmern. Es sind also verhältnismäßig viele Imker, die nur wenige Bienenvölker besitzen, durchschnittlich haben die deutschen Imker 7,3 Bienenvölker. Weniger als ein Prozent davon betreibt die Imkerei erwerbsmäßig. Dies zeigt auch ein wenig den Trend, den das Imkern momentan nimmt, auch wenn immer mehr Städter sich für die Arbeit mit den fleißigen Fliegern interessieren.

Die meisten Imker jedoch gehören der Generation 60plus an, der Nachwuchs fehlt. Eine Situation, die Imker-Initiativen dringend ändern wollen, herrscht sonst bald ein noch größerer Mangel an Imkern. Auch deswegen ist die Idee des Imkerns in der Stadt längst keine Spinnerei mehr.

Vorteile des Pflanzenwuchses in der Stadt

Das kommt laut Expertenaussagen letztlich auch den Bienen zugute. Während auf dem Land immer mehr Monokulturen vorherrschen, gibt es in der Stadt ein vielfältiges Angebot an unterschiedlichsten Pflanzen. Landwirte bepflanzen systematisch große Flächen mit einer Pflanzenart, die sie mit einem Schlag abernten. Von einem Tag auf den anderen finden Bienen damit plötzlich weder Nektar noch Pollen. Teilweise müssen Bienenvölker bereits ab Juni, also nach der Rapsernte, hungern und sterben so mitten im Sommer.

In der Stadt dagegen gibt es eigentlich immer irgendwelche Pflanzen, die blühen. Kleingärten, Parks, Blumenwiesen, Hecken, Brachflächen und auch Friedhöfe bieten ein reiches Nahrungsangebot für die Bienen. Zudem werden in der Stadt weniger Pestizide eingesetzt, was gesünder für die nützlichen Insekten ist und sie zugleich widerstandsfähiger gegen Schädlinge macht.

Freizeitimker in der Stadt

Früher war der Arbeitslohn geringer und die Lebensmittelpreise höher, da hat es sich gelohnt, mehr Honig zu produzieren als man selbst verbraucht. Heute hat sich das Blatt gewendet, weswegen Berufsimker immer mehr eine Art Massentierhaltung betreiben, um eine Ertragsmaximierung zu erzielen.

Viele Menschen sind dagegen an der Haltung von ein oder zwei Bienenvölkern interessiert, um die sie sich nicht allzu sehr kümmern müssen. Honig von den eigenen Bienen ist eben ganz sicher Bio und zudem etwas Besonderes.

So gibt es Kurse für Freizeitimker, in denen zukünftige Imker die Grundlagen sowie Fachbegriffe des Imkerns lernen. Diese werden beispielsweise von den Landesverbänden des D.I.B. veranstaltet. Mehrere Initiativen wurden gegründet, in denen Personen, die an Bienenhaltung und Artenschutz interessiert sind, gemeinsam für ein Ziel arbeiten können. Als Beispiel kann hier das Netzwerk Blühende Landschaft genannt werden, das verschiedene regionale Initiativen bündelt. Der Träger ist der gemeinnützige Verein Mellifera e.V., eine Vereinigung für wesensgemäße Bienenhaltung. Diese trägt auch das Projekt „Bienenkiste“.  Die „Bienenkiste“ wurde von Erhard Maria Klein entwickelt, um junge Menschen in der Stadt für das Imkern zu begeistern. Es handelt sich um einen Bienenstock, der einfach im Aufbau ist und nicht viel Material kostet. Auch der Arbeitsaufwand hält sich mit nur etwa zwölf Stunden pro Jahr extrem in Grenzen. So legen die Bienen beispielsweise ihre Waben selbst an, während dies bei der konventionellen Imkerei von den Imkern übernommen wird.

Nachbarschaftsstreit?

Probleme mit den Nachbarn gibt es bei Stadtimkern nach deren Aussagen nur sehr selten. Wer seine Bienen auf Dachterrassen hält, muss gar nichts befürchten. Die Bienen fliegen in diesem Fall über die Dächer der Stadt hinweg zu ihren Sammelorten. Gartenbesitzer sollten ihren Nachbarn Bescheid geben, dass sie fortan ein Bienenvolk halten. Meist gibt es im Garten damit kein Problem, da sowieso genügend andere Insekten unterwegs sind. Nur selten verirren sich Bienen auf der Suche nach Pollen in Häuser und Wohnungen. Wer allerdings Nachbarn hat, die Bienen nicht von den unbeliebten Wespen unterscheiden können, der sollte sein Vorhaben vielleicht noch einmal überdenken. Allerdings lässt sich mit dem Ausblick auf ein Glas Honig wohl so mancher Nachbar besänftigen.