Interview: Heimatkunde mit Tim Mälzer Derk Hoberg
2 signierte Exemplare von "Heimat" gewinnen!

Interview: Heimatkunde mit Tim Mälzer

Tim Mälzer möchte mehr Abwechslung in die deutschen Küchen bringen. Kurioserweise, indem er die traditionelle deutsche Küche wieder zurück auf den Teller holt. Im Moment ist er im gesamten Heimatland unterwegs, um sein neues Kochbuch vorzustellen. Wir sprachen mit ihm über seine Liebeserklärung an die deutsche Küche.

Tim Mälzerworlds of food: Tim, im Rahmen der Buchvorstellung absolvierst du gerade einen Interview-Marathon. Du hast uns in einem früheren Gespräch verraten, dass du privat ein eher ruhiger Typ bist. Macht dir das also immer noch Spaß?
Tim Mälzer: Ja, im Moment auf jeden Fall. Ich habe jetzt ja auch etwas, worüber ich unterwegs erzählen kann und das auch gerne tue. Heimat ist ein tolles Thema und die Resonanz auf das Buch ist bisher auch spitze.

worlds of food: Abgesehen vom vielen Reisen, was siehst du denn als größtes Privileg deiner Tätigkeit an?
Tim Mälzer: Eindeutig, dass ich auf vielen verschiedenen Ebenen arbeiten kann. Ich bin nicht nur Koch, sondern auch Unternehmer. Dazu bin ich Buchautor, darf Dokumentationen und Filme drehen und dabei selbst immer etwas dazulernen. Dadurch kommt keinerlei Routine auf und das wäre das Schlimmste, was ich mir vorstellen könnte. Die Vielfalt meiner Tätigkeiten ist also das größte Geschenk für mich.

worlds of food: In deinem aktuellen Buch „Heimat” geht es ausschließlich um klassische Rezepte aus deutschen Landen. Beinhaltet der Heimat-Begriff an sich aber nicht auch ein Stück weit Routine?
Tim Mälzer: Ja und nein. Der Blick für die Heimat wurde in meinem Fall erst durch meine vielen Reisen geschärft. Unterwegs sind mir viele internationale Spezialitäten aufgefallen und ich habe mich gefragt, warum es so etwas in Deutschland nicht gibt. Es hat aber gar nicht allzu lange gedauert, bis ich gemerkt habe, dass es das bei uns sehr wohl gibt. Man muss nur lernen, hinzuschauen. Wir müssen nicht nach Italien fahren, um Omas Küche zu entdecken. Wir müssen nicht nach Frankreich reisen, um gutes Küchenhandwerk aufzufinden. Das haben wir alles selbst, wir müssen nur den Held im eigenen Land erkennen. Und das schließt ja nicht aus, hin und wieder über den Tellerrand hinauszublicken und sich international zu bedienen.

worlds of food: Wenn du nur einen Satz hättest, wie würdest du das Buch „Heimat“ also charakterisieren?
Tim Mälzer: (überlegt kurz) Heimat ist meine persönliche Liebeserklärung an Deutschland, mit Hilfe von Kulinarik, Menschen und Eindrücken und dem Ziel, dass es nicht alleine meine Heimat bleibt.

Maelzer signiertTim Mälzer signiert sein BuchGewinnspiel:

Wir verlosen zwei eigens für unsere Leser signierte Exemplare von Tim Mälzers neuem Buch „Heimat“. Dafür müsst ihr einfach eine E-Mail mit dem Betreff „Heimat“ und eurem deutschen Lieblingsgericht an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! senden.

Einsendeschluss ist Freitag, der 31. Oktober 2014. Hier geht es zu den Teilnahmebedingungen.




worlds of food: Deutsche Gerichte haben doch häufig den Ruf, recht schwer zu sein. Ist das ein Vorurteil mit dem du aufräumen möchtest?
Tim Mälzer: Ich empfinde das als Vorurteil, ja. Wenn man sich mit unseren typischen Gerichten auseinandersetzt, dann merkt man schnell, dass ein Gulasch nichts anderes ist als ein Ossobuco (hier geht es zu Tim Mälzers Gulasch Rezept). Italienisch klingt das toll und elegant, bei uns schwer und plump. Wenn man aber ein wenig kreativer an die deutschen Klassiker herangeht, sie beispielsweise anders als gewohnt anrichtet, kann man die Gerichte frischer präsentieren. Wir haben die Rezepte für das Buch auch nicht neu erfunden, sondern sie behutsam modernisiert. Dafür haben wir sie an die aktuellen Ernährungsgewohnheiten und durch kürzere Zubereitungszeiten an die heutigen Zeitfenster angepasst.

worlds of food: Wie heimattreu bist du bei den Rezepten tatsächlich geblieben? Wird da konsequent auf exotische Zutaten verzichtet?
Tim Mälzer: Wir verwenden einmal Basilikum und das ist gemeinsam mit Zimt das exotischste in unseren Zutatenlisten. Aber das sind in Deutschland inzwischen gängige Gewürze. Ansonsten ist alles ganz klassisch gehalten, darauf haben wir geachtet.

worlds of food: Das passt auch zur Botschaft des Buches, dass es hierzulande alles, was man für eine gute Ernährung  braucht, im Umkreis von 50 Kilometern gibt. Man will doch aber auch Abwechslung auf dem Teller, mal etwas anderes probieren…
Tim Mälzer: Die gibt es ja. Ich esse ja auch Mandarinen, obwohl in Schleswig-Holstein keine wachsen. Es geht mir darum, aufzuzeigen, welch tolle Produkte und Rezepte wir in Deutschland haben – ohne, dass ich einen Wettbewerb der unterschiedlichen Landesküchen erzeugen will. Unsere eigenen Traditionen und Rezepte sind aber in Vergessenheit geraten. Da muss ich mich nur in meinem Bekanntenkreis umschauen, dann sehe ich, dass viele Carpaccio zubereiten können oder wissen, wie sie Zitronengras verwenden können. An ein Hühnerfrikassee traut sich aber keiner mehr ran.
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Maelzer HeimatTim Mälzer bei der Buchvorstellung in München

worlds of food: Im Buch geht es auch um gute, qualitativ hochwertige, heimische Lebensmittel wie Brot, Käse und Fisch. Du triffst Hersteller und Landwirte und sprichst mit ihnen über ihre Produkte. Wie lange warst du insgesamt für das Buch unterwegs?

Tim Mälzer: Alles in allem drei Jahre. Jedoch geschah dies gewissermaßen nebenbei. Das sind größtenteils Begegnungen, die ich auf meinen bisherigen Reisen und auch bei Dreharbeiten gemacht habe. Sie machen dank gutem Handwerk allesamt tolle Produkte. Das Buch fertig zu stellen, dauerte letztlich gute drei Monate. Einen Monat lang haben wir in der Münchener Kochgarage die Rezepte mit Stevan Paul zu Papier gebracht, gekocht und fotografiert. Bei den Fotos wurde übrigens nicht getrickst, das sind alles die originalen Ergebnisse unseres Kochens. Mit der Vor- und Nachbereitung des Buches kamen wir dann auf die drei Monate. 

worlds of food: Wer diese guten Produkte will, muss dafür auch tiefer in die Tasche greifen. Dazu sind viele noch nicht bereit oder aber nicht in der Lage in Deutschland. Und auch die Industrie freut sich, wenn sie weiterhin billig produzieren kann. Wagen wir einen Ausblick: Bleibt das ein Kampf gegen Windmühlen oder gibt es Hoffnung, dass sich das ändert?
Tim Mälzer: Bei einem Kampf gegen Windmühlen erreicht man ja gar nichts. Wenn ich mir aber ansehe, welche Trends wir bereits in den vergangenen Jahren angestoßen haben, empfinde ich das nicht so. Die Deutschen beschäftigen sich mit dem Thema Essen und das Produkt als solches steht immer mehr im Mittelpunkt. Dadurch wird auch der Druck auf die Industrie zusehends steigen, qualitativer, nachhaltiger und in Sachen Tierhaltung auch fairer zu handeln. Da gibt es zwar noch viel zu tun, aber wir sind auf dem Weg dahin.