Ein guter Wein erzählt immer eine Geschichte: von seinem Boden, seinem Klima, seiner Landschaft – seinem Terroir. Doch wie kann ein Produkt, das von sich behauptet, Ausdruck eines lebendigen Ökosystems zu sein, aus einem Weinberg stammen, der durch Pestizide, Monokulturen und Kahlschlag nahezu tot ist? Genau diese Frage markiert den Ursprung von Delinat – und den Beginn eines der ambitioniertesten ökologischen Weinbauprojekte Europas.
In den 1980er-Jahren galten makellos aufgeräumte Rebzeilen als Zeichen guter Bewirtschaftung. Jeder Grashalm, jede Kräuterinsel wurde entfernt, Pestizide waren fester Bestandteil des Alltags und kaum jemand stellte die intensive Chemisierung infrage. Auch in der Weinwelt herrschte der Glaube, dass ohne Monokultur und synthetische Mittel kein ökonomisch sinnvoller Weinbau möglich sei.
Karl Schefer, Gründer von Delinat, widersprach dieser Logik – und verfasste 1983 die ersten umfassenden Bio-Richtlinien speziell für den Weinbau. Was heute selbstverständlich erscheint, war damals Pionierarbeit: Biodiversität als Grundlage für Qualität, ein Denken in Kreisläufen statt in reinen Ertragsmaximierungen, und ein ökologisches Verständnis, das weit über das Weglassen von Chemie hinausgeht.

Die Delinat-Methode: Ökologie beginnt im Weinberg
Herzstück des Delinat-Ansatzes ist die Biodiversität. Weinberge sollen nicht steril sein, sondern lebendig – in all ihren Schichten. Statt auf reine Rebflächen zu setzen, schreiben die Richtlinien vor, Hecken, Büsche, Kräuterinseln und Bäume direkt zwischen den Reben zu pflanzen. Dazu kommen Insektenhotels, Steinhaufen, Vogelkästen und andere Strukturen, die Lebensräume schaffen – für Nützlinge und auch für jene Tiere, die im konventionellen Weinbau als Schädlinge gelten. Das Ziel ist ein ökologisches Gleichgewicht, in dem Rebstöcke widerstandsfähiger und Trauben aromatischer werden.
Ebenso wichtig ist die natürliche Ernährung des Bodens. Leguminosen wie Klee oder Wicke fixieren Stickstoff und versorgen die Rebstöcke auf natürliche Weise. Zusammen mit Bäumen und Kräutern bilden sie Symbiosen mit Mykorrhiza-Pilzen – ein feinverzweigtes, kilometerlanges Wurzelnetz, das aus tieferen Schichten Wasser und Nährstoffe erschließt. Das verbessert nicht nur die Qualität der Trauben, sondern schützt den Boden vor Erosion und macht Weinberge widerstandsfähiger gegen Trockenheit und Starkregen.
Robuste Rebsorten: Die Zukunft im Weinberg
Delinat setzt zudem früh auf neue, robuste Rebsorten – sogenannte PIWIs. Der Klimawandel führt vielerorts zu feuchteren, wärmeren Bedingungen, die klassische Sorten wie Riesling oder Merlot besonders anfällig für Krankheiten machen. PIWI-Sorten hingegen benötigen bis zu 80 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel. Das bedeutet weniger Traktorfahrten, weniger Dieselverbrauch, weniger Bodenverdichtung und deutlich mehr ökologische Stabilität. Diese Sorten sind nicht nur eine Antwort auf den Klimawandel, sondern ermöglichen auch Regionen, in denen traditioneller Weinbau ökologisch kaum noch möglich ist, eine nachhaltige Zukunft.

Ökologie endet nicht an der Kellertür
Delinat denkt den Kreislauf weiter. Winzer verpflichten sich zu erneuerbaren Energien, reduzieren ihren Wasserverbrauch – insbesondere in trockenen Regionen – und halten soziale Standards ein. Doch einer der größten Hebel liegt überraschend nicht in der Landwirtschaft, sondern in der Verpackung. Weinflaschen und Kartonverpackungen machen bis zu 60 Prozent der Ökobilanz eines Weins aus. Deshalb hat Delinat 2018 ein Mehrwegsystem für Versandkartons eingeführt, das den Kartonmüll um 80 Prozent reduziert. 2023 folgte die Mehrwegweinflasche – leicht, klimaneutral produziert und bis zu fünfzigmal wiederverwendbar. Die Rückgabe erfolgt ohne Pfand über einfache Sammelsysteme, teilweise sogar über Lastenradlogistik in deutschen Großstädten. Aktuell befinden sich rund eine halbe Million Mehrwegflaschen im Kreislauf. Die Rücklaufquoten steigen, auch wenn Deutschland aufgrund komplexerer Logistik noch hinter der Schweiz zurückliegt.

Um den ökologischen Weinbau weiter voranzutreiben, betreibt Delinat das Weingut Château Duvivier in der Provence – ein Versuchslabor für regenerative Landwirtschaft. Dort arbeiten Winzer gemeinsam mit Experten aus Bodenkunde, Permakultur und Agroforst daran, Weinberge zu resilienten, vielfältigen Ökosystemen zu entwickeln. Die Erkenntnisse fließen direkt in die Delinat-Richtlinien zurück und werden mit allen Partnerwinzern geteilt.
Anders als viele Bio-Label verdient Delinat nicht an Lizenzen, sondern ausschließlich mit dem Verkauf seiner Produkte – Wein, Honig, Olivenöl oder Essig. Das Unternehmen ist bis heute vollständig in Familienbesitz und vertreibt seine Weine überwiegend online. Ein besonderes Erfolgsmodell: das Weinabo, das bereits 1987 eingeführt wurde und heute ein Drittel des Umsatzes ausmacht.
Was in den 80ern als radikale Idee begann, hat heute Vorbildcharakter für einen Weinbau, der Klima, Natur und Genuss zusammenbringt. Denn wo das Ökosystem gesund ist, entstehen Weine, die tatsächlich Ausdruck ihres Terroirs sind – authentisch, lebendig und zukunftsfähig.
Mehr Informationen www.delinat.com





















