Maqui – Wirklich eine Wunderbeere? wikipedia/Morrana

Maqui – Wirklich eine Wunderbeere?

Die Maqui ist der neue Exportschlager aus Südamerika. Maqui-Beeren sollen beim Abnehmen helfen, freie Radikale neutralisieren und so vor frühzeitiger Hautalterung und eventuell sogar Krebs schützen. Aber hält die Beere, was sie verspricht und können auch heimische Früchte ähnliche Wirkungen haben?

Klein und violett, sehen die Früchte des Maqui-Baums den heimischen Heidelbeeren nicht unähnlich. Doch der Hype, der um sie gemacht wird, lässt die Heidelbeeren vor Neid erblassen. Der Maqui-Baum (lat. Aristotelia chilensis) ist im südamerikanischen Patagonien beheimatet und wird bis zu fünf Meter hoch. Die Früchte des Baums wurden bereits vor langer Zeit vom Stamm der Mapuche verwendet, um Chicha, ein bierartiges, alkoholisches Getränk, herzustellen. Die Früchte können aber auch roh gegessen oder zu Saft gepresst werden.

Momentan erlebt die Maqui-Beere einen Aufschwung in der westlichen Welt. In der Werbung wird sie als Wunderbeere verkauft. Vor allem Pillen und Säfte werden in vielen Online-Shops angeboten. Die Preise haben es durchaus in sich (Zwei-Monats-Packung circa 55 Euro), aber die Pillen machen ja nicht nur den Geldbeutel schlank, auch die Pfunde sollen fast wie von selbst schmelzen.

Anthocyane sorgen angeblich für positive Wirkung

Eine der Lobpreisungen bezieht sich auf die vielen Anthocyane, die die Maqui enthält. Als Antioxidantien schützen sie vor schädlichen Reaktionen im Körper: „Diese Substanzen verhindern Oxidationsprozesse, die durch aggressive Sauerstoffverbindungen ausgelöst werden. Dabei handelt es sich um die so genannten „freien Radikale“, die leicht mit anderen Verbindungen reagieren und deren Strukturen verändern. Da radikale Sauerstoffverbindungen überall vorkommen, kämpft der Körper ständig gegen sie an. Antioxidantien fangen freie Radikale ab und neutralisieren sie, ohne selbst zerstört zu werden“, erläutert Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Der ORAC-Wert (Oxygen Radical Absorbance Capacity), der auf vielen Verpackungen von Maqui-Pillen ausgewiesen ist, gibt an, wie viele freie Radikale pro Gramm Substanz neutralisiert werden. Dieser ORAC-Wert ist bei der Maqui wohl besonders hoch. Jedoch wird er von Experten als nicht relevant erachtet. Das liegt vor allem an der Ermittlung des Wertes: Er wird im Labor untersucht, also in vitro. Ob Antioxidantien auch in vivo, also im Körper eines Menschen, so viele freie Radikale neutralisieren würden, ist fragwürdig. Angela Clausen, Diplom-Ökotrophologin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, sagt dazu: „Die viel gelobten hohen ORAC-Werte für die Antioxidantien sind reine Laborwerte, die sich beim Menschen nach dem Verzehr nicht wiederfinden.“

Zusätzliche Gabe von Antioxidantien unnötig

Eine erhöhte Zufuhr von Antioxidantien, beispielsweise durch Nahrungsergänzungsmittel, ist generell nicht notwendig, erklärt Gahl: „Für die Gesundheit ist es zwar förderlich, vermehrt gute Lieferanten für Antioxidantien auf den täglichen Speiseplan zu setzen. Sofern eine vollwertige und ausgewogene Ernährung nach den 10 Regeln der DGE mit einem hohen Anteil an Gemüse und Obst realisiert wird, ist dies jedoch völlig ausreichend.“

Vergleichbare heimische Früchte

Überhaupt ist für Experten die Wirkung der „Wunderbeere“ mehr als fragwürdig. Denn gerade das hohe Vorkommen von Anthocyanen in der Maqui, ist kein Wunder. Anthocyane sind nämlich Pflanzenfarbstoffe, die in vielen Pflanzen enthalten sind und diesen eine violette, blaue oder schwarze Färbung verleihen.

Das bedeutet: Auch in vielen heimischen Früchten steckt eine Vielzahl von Anthocyanen. Brombeeren, Holunderbeeren, Heidelbeeren, Kirschen, Aronia und rote Weintrauben haben laut Clausen einen ähnlich hohen Gehalt an Anthocyanen. Auch Rotkohl ist ein Lieferant für dieses Antioxidans. „Da es keine Zufuhrempfehlungen für Anthocyane gibt, lässt sich auch nicht sagen, dass große Mengen besser sind“, verdeutlicht Clausen den Stand der Dinge.

Auch Vitamine, die in der Maqui enthalten sind, kommen natürlich in heimischen Früchten vor. Für eine ausreichende Versorgung mit Vitamin A, C und D ist, bei Genuss von anderem Obst und Gemüse, ohne Maqui gesorgt.

Umstritten, ob Maqui in EU zulässig ist

„Tatsache ist, dass der rechtliche Status der Maqui-Beere in Europa bisher nicht eindeutig geklärt ist“, erklärt Clausen. Momentan falle die Beere unter die Nove-Food-Verordnung. Laut dieser dürfen Produkte, die vor dem 15. Mai 1997 in der EU nicht in nennenswertem Umfang verzehrt wurden, nicht ohne eine Zulassung durch die EU verkauft werden. Ein unklares Schlupfloch gibt es nach Aussage von Clausen allerdings: „Ganz möglicherweise ist Maqui schon vor 1997 als Nahrungsergänzungsmittel in Italien im Verkehr gewesen, dann dürfte die Beere als Zutat in Nahrungsergänzungsmitteln verkauft werden.“

Sicher ist dagegen, dass die häufig und vor allem im Internet zu findende Werbung für die Frucht oft nicht den geltenden Gesetzen entspricht. So kommen die Regeln des Paragraphen Zwölf des deutschen Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs und vor allem die Health Claim-Verordnung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) infrage. Werbung, die die angeblichen gesundheitsfördernden Wirkungen der Maqui-Beere anpreist, darf also laut EU weder auf der Verpackung noch anderswo abgedruckt werden. Darunter fällt auch Werbung für die Anthocyane.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Maqui nicht die „Superbeere“ ist, als die sie beworben wird. Von der Einnahme von Pillen mit Maqui und vergleichbaren Extrakten, rät die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sogar ab: „Über die dafür verwendeten Extrakte, die Bioverfügbarkeit in der verwendeten Matrix und die Langzeitsicherheit ist nichts bekannt. Nicht vergessen sollte zudem man mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten.“

Auch die Energiebilanz der südamerikanischen Früchte spricht nicht für einen Verzehr der Beeren. Sie müssen aufwändig mit dem Flugzeug nach Europa transportiert oder, bei Verschiffung, unreif geerntet werden. Wer allerdings seinen Urlaub in Patagonien verbringt, wo die Pflanze natürlich vorkommt, der kann sie ja dort verkosten.