Hähnchenfleisch mit resistenten Keimen in Supermärkten entdeckt LD / pixelio.de

Hähnchenfleisch mit resistenten Keimen in Supermärkten entdeckt

Die schlechten Nachrichten aus der Tierhaltung reißen nicht ab: Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat bei Stichproben in deutschen Supermärkten in jeder zweiten Probe Hähnchenfleisch antibiotikaresistente Keime gefunden. Diese deuten auf Antibiotika-Missbrauch bei  der Züchtung der Tiere hin. Daraufhin forderte er von Landwirtschaftsministerin Aigner ein schnelles Handeln – diese sieht den Nachholbedarf allerdings bei den Ländern.

20 Proben Hähnchenfrischfleisch wurde vom BUND in Stichproben gekauft, alle bei großen Supermarktketten in Berlin, Hamburg, Köln, Nürnberg und im Stuttgarter Raum. Zehn dieser Proben waren mit Keimen belastet, die mit herkömmlichen Antibiotika nicht mehr behandelt werden können. Betroffen waren die drei größten Geflügel-Produzenten Deutschlands, die Hersteller Wiesenhof, Sprehe und Stolle.

Bei den Erregern handelte es sich um den Darmkeim ESBL (Extended Spectrum Beta-Lactamase) und die aggressiven MRSA-Keime (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Bakterien), die bereits in vielen Krankenhäusern zu finden sind. Die hohe Belastung der Tiere zeigt einmal mehr, dass in der deutschen Geflügelhaltung flächendeckend Antibiotika zum Einsatz kommen. Bei sorgfältiger Zubereitung sind diese Keime für den Menschen ungefährlich, im ungünstigsten Fall kann es bei Kontakt mit offenen Wunden jedoch zu schweren Erkrankungen kommen.

„Bundesagrarministerin Ilse Aigner muss handeln“

Der Vorsitzende des BUND Hubert Weigner erklärte: „Jede zweite Hähnchenfleisch-Probe aus deutschen Supermärkten ist mit antibiotikaresistenten Keimen belastet. Das ist die erschreckende Folge des fortgesetzten Antibiotika-Missbrauchs. Dieser ist nicht nur dafür verantwortlich, dass wichtige Medikamente ihre lebensrettende Wirkung verlieren können. Das Ausmaß der Kontamination von Lebensmitteln mit Krankenhauskeimen ist ein deutliches Warnsignal vor den Kollateralschäden der industriellen Tierhaltung. […]Bundesagrarministerin Ilse Aigner muss handeln. Die industrielle Tierhaltung muss endlich zurückgedrängt werden." Außerdem hielt er die betroffenen Supermarktketten dazu an, die potentiell gesundheitsgefährdenden Produkte aus den Regalen zu nehmen.

BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning forderte von Aigner mehr Transparenz: „Hähnchen, Hühner, Schweine und Kälber leiden millionenfach unter inakzeptablen Haltungsbedingungen und erkranken daran. Bekämen sie keine Antibiotika verabreicht, würden sie in vielen Fällen nicht bis zum Schlachten durchhalten. Selbst gesunde Tiere bekommen die Antibiotika, weil in der industriellen Tierhaltung in der Regel ganze Tierbestände damit behandelt werden.“

Mehr Kontrollen der Länder

Bundesministerin Ilse Aigner selbst appellierte an die Bundesländer, schärfere Kontrollen durchzuführen. Dafür habe der Bund die Rahmenbedingungen schaffen. "Die Länder sind nun gefordert, diese Möglichkeiten auch auszuschöpfen“, sagte ein Sprecher des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dem Hamburger Abendblatt.

Bereits im November war eine Studie veröffentlicht worden, wonach 96 Prozent aller Tiere in Geflügelbetrieben mit Antibiotika behandelt werden. Daraufhin hatte das Landwirtschaftsministerium ein Maßnahmenpaket angekündigt, mit dem die Bedingungen in der Tierhaltung verbessert werden sollten. Dieser Gesetzentwurf ist bisher aber noch nicht im Bundeskabinett verhandelt worden.  Der Sprecher bekräftigte nun, der Entwurf solle noch in dieser Woche im Kabinett vorgelegt werden.