Urbanes Gärtnern – Grüne Inseln zwischen grauen Hochhäusern getty images; Das Allmende-Kontor auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof
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Urbanes Gärtnern – Grüne Inseln zwischen grauen Hochhäusern

Urban Farming, Guerilla Gardening, Community Gardens – für die grünen Oasen inmitten von dicht besiedelten Gebieten, gibt es eine Vielzahl von Ausdrücken. An den Begriffen ist erkennbar, dass die Bewegung des Gärtnerns in Städten aus dem Amerikanischen stammt. worlds of food stellt das Urbane Gärtnern vor.

Gärtnern und landwirtschaftliches Arbeiten für den guten Zweck. So oder ähnlich ließe sich das Thema urbanes Gärtnern zusammenfassen. Dabei ist es, wenn nicht gerade große landwirtschaftliche Maschinen ihre Arbeit verrichten, meist eher ruhig beim Gärtnern. Nicht so in vielen Community Gardens, denn sie liegen inmitten von großen Ballungszentren. Egal ob Brachland, Parkdeck, Hinterhof oder ein Stückchen im öffentlichen Park – gegärtnert wird, wo gerade Platz ist. Städter haben sonst wenig Platz für eigene Pflanzen, so ist vielen Gruppen jedes noch so unwirtliche Fleckchen Erde recht. Gepflanzt werden von den kleineren oder größeren Gemeinschaften hauptsächlich, was auch der Ernährung dient. Doch auch Blumen sind gern gesehen.

Urban Farming an sich ist keine neumodische Idee, bereits in den Siebziger Jahren entstanden in New York so genannte Community Gardens. Auf diesem Weg sollte der Verfall der Hochhäuser rundherum bekämpft werden. Geht man geschichtlich weiter zurück, kann man auch an die öffentlichen Parks nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern, aus denen in der Not ganze Kartoffelacker gemacht wurden. Bis heute sind Schreber- und Kleingartenkolonien beliebte Rückzugsorte, in denen man eigenes Gemüse ziehen kann.

Hier: Die moderne Rooftop Farm in New York

Urbanes Gärtnern ist mehr als ein bisschen Gemüse

Tomaten, Salat und Karotten, das reicht den Gärtnern in vielen Gemeinschaftsgärten nicht. Um aus dem Anbau Sozial- sowie Umweltprojekte zu machen, wurden viele Vereine und Gruppen gegründet. Arbeit mit Kindern und Integrationsprojekte, Umweltschutz und gesellschaftliches Umweltbewusstsein – das haben sich viele Vertreter des Urban Farming auf die Fahnen geschrieben.

Stadtkinder wissen nicht, dass Kühe nicht lila sind und sie haben keine Ahnung davon, dass eine Karotte geerntet werden muss und nicht aus der Dose kommt – so die vielfachen Vorurteile heutzutage. Tatsächlich ist dies in krassen Fällen wirklich die Realität, weswegen einige Gruppen auch spezielle Kurse und Führungen für Kinder anbieten.

Doch vor allem haben sich die Gruppen dem Umweltschutz verschrieben, sie wollen ihren ökologischen Teil zum großen Ganzen beitragen. Wenn man bedenkt, dass schon jetzt viele Menschen in Städten wohnen, Landwirtschaft aber auf dem Land stattfindet, sind Transportwege der Lebensmittel nötig. Das führt zu einem CO2-Ausstoß, der vermindert werden kann, wenn das Gemüse direkt in der Stadt angebaut wird. Zusätzlich ist es absolut frisch, wenn es beim Verbraucher ankommt.

Garten auf ehemaligem Flughafen und auf einer Brachfläche

Das Allmende-Kontor ist ein Zusammenschluss verschiedener Gemeinschaftsgärten und anderer urbaner Landwirtschafter in Berlin. Als der Flughafen Tempelhof 2008 geschlossen wurde, wurde das Gelände zu einem Freizeitgelände umfunktioniert. Neben vielen Freizeitmöglichkeiten hat auch die Gemeinschaft des Allmende-Kontors seine Chance genutzt und einen Gemeinschaftsgarten errichtet. Mittlerweile bestehen über 300 Beete, die von über 700 freiwilligen Gärtnern gepflegt werden.

Ein Stückchen weiter in der Berliner Innenstadt gibt es am Kreuzberger Moritzplatz seit 2009 den Prinzessinnengarten. 6000 Quadratmeter ungenutzte Brachfläche werden, bis ein neuer Pächter feststeht, jeweils für ein Jahr von der Stadt an die Gruppe vergeben.

Mobilität durch bestimmte Pflanzpraktiken

Ein Jahr im Voraus planen, das ist nicht viel für einen Garten. Eigentlich lohnt sich rational gesehen ein Anbau von Pflanzen überhaupt nicht. Deswegen haben sich die Gärtner etwas einfallen lassen: Gepflanzt wird nicht direkt in die Erde, sondern in Pflanzkübel. Meist sind das keine normalen Kübel, sondern ausrangierte Abfallprodukte wie leere Tetra-Paks, Plastikeimer, Holzkisten oder sogar Reissäcke. Selbst das Café auf dem Gelände des Prinzessinnengartens ist so konzipiert, dass er jederzeit transportabel ist. Der ganze Garten kann also an einen anderen Ort umziehen.

Zusätzlich kommen die ungewöhnlichen Pflanzbehältnisse der Umwelt zugute. Große Ackerflächen brauchen logischerweise mehr Wasser als ein kleineres Gefäß. Die Ressource Wasser kann somit gespart werden.

Wasser und CO2 einsparen

Wasser wird auch bei der Methode des Anbaus gespart, die zurzeit als Modellprojekt am Fraunhofer-inHaus-Zentrum in Duisburg läuft. „inFARMING“ heißt das Projekt, das zeigen soll, dass moderne Landwirtschaft auch auf Gebäudedächern funktioniert. Ressourcen lassen sich einsparen, CO2-Ausstöße in den Innenstädten können sofort von den Pflanzen gebunden werden. Die Fassade des Testgebäudes ist deswegen vollständig mit Moos begrünt, was den Feinstaub bindet. Das genutzte Wasser wird in einem geschlossenen Kreislauf wiederverwendet und sogar der Abfall und überschüssige Wärme wird in Energie umgewandelt.

Eine ähnliche Idee verfolgt auch „Efficient City Farming“ mit den Stadtfarmen, die sowohl Gemüse- als auch Fischproduktion sind. Eine solche Anlage wird zurzeit auf dem Gelände der Berliner Malzfabrik als Dachfarm umgesetzt. In einer nahezu CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft werden in Zukunft Fisch und Gemüse produziert. Zum Einsatz kommt das so genannte Aquaponic-Verfahren, bei dem Aquakulturen mit Pflanzenzucht im Wasser kombiniert werden. Die Stoffwechselprodukte der Fische werden in Nitrat umgewandelt und dienen als Dünger für die Pflanzen. Zusätzlich wird das Wasser, in dem die Fische schwimmen, auch für die Bewässerung der Pflanzen verwendet. Das CO2 der Fische wird wiederum von den Pflanzen gebunden.

Beide Konzepte des modernen Stadtgärtners sind Ideen, die auf vielen Dächern in der Stadt funktionieren würden. Zusätzlich zu den Gemeinschaftsgärten, bieten sie einen Ansatz für die Ökologie in Ballungszentren. Letztlich geht es in allen Projekten vor allem um eins: Die Umwelt und deren Schutz. Ob dieser nun mit sozialen Projekten verbunden oder von hochtechnisierten Forschungseinrichtungen praktiziert wird, ist beliebig. Doch vor allem in Gemeinschaftsgärten gilt wohl folgendes Credo: Tue Gutes und habe Spaß dabei.